Arteriosklerose: Mund- und Darmbakterien spielen eine Rolle

In den Ablagerungen der Blutgefäße lassen sich Bakterien nachweisen, die auch in Mund und Darm derselben Person vorkommen
Göteborg (Schweden) - Die große Zahl an Bakterien in Mundhöhle und Darm gehört zur normalen Keimbesiedlung gesunder Menschen. Doch das Spektrum der Mikrobenarten an diesen Standorten spielt auch bei der Entwicklung einer Arteriosklerose eine Rolle, berichten jetzt schwedische und amerikanische Forscher. Durch DNA-Analysen konnten sie in den Ablagerungen verkalkter Blutgefäße Bakterien nachweisen, die mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem Mund oder dem Darm des Patienten stammten. Ob bestimmte Bakterienarten die Ablagerungen direkt verursachen, müssen weitere Untersuchungen zeigen, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal "Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)".

"Wir überprüften die Hypothese, dass Mund- und Darmbakterien zu Bestandteilen arteriosklerotischer Plaques werden und so zur Entwicklung von Herz- und Gefäßkrankheiten beitragen könnten", sagt Fredrik Bäckhed von der Universitet Göteborg. In Zusammenarbeit mit Ruth Ley von der Cornell University in Ithaca analysierte das Forschungsteam von Bäckhed das Spektrum der Bakterienarten in Mund, Darm und Gefäßablagerungen von 15 Patienten mit Arteriosklerose. Dabei kam die Technik der so genannten 454 Pyrosequenzierung zum Einsatz, mit der DNA-Abschnitte sequenziert wurden, die eine Identifizierung der Spezies in einem Gemisch verschiedener Mikroben ermöglicht. Als Vergleich dienten Mundabstriche und Stuhlproben gesunder Personen.

Je größer die Bakterienzahl in den Plaques der Gefäßwände war, desto höher war auch die Zahl weißer Blutkörperchen darin. Das bestätigt, dass Bakterien Entzündungsreaktionen auslösen, die solche Ablagerungen begünstigen. In den Plaques aller Patienten ließen sich Chlamydien und Pseudomonas luteola nachweisen. Zusätzlich kamen andere Bakterien vor, wobei deren Artenspektrum aber individuelle Unterschiede aufwiese. So waren Veillonella- und Streptococcus-Arten dann in größerer Menge vertreten, wenn sie bei derselben Person auch im Mund in hoher Zahl gefunden wurden. Andere Plaquebakterien waren auch im Darm nachweisbar.

Wie die Bakterien in die Blutgefäße gelangen, ist noch nicht bekannt. Es sei denkbar, so die Forscher, dass Makrophagen die Bakterien in der Darm- oder Mundschleimhaut aufnehmen und sich zusammen mit ihnen an den Blutgefäßwänden ablagern. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass eine Keimanalyse von Mund- und Darmflora Hinweise auf das Arterioskleroserisiko geben könnte. Zum anderen wären neue Therapien denkbar, die verhindern, dass sich Gefäßablagerungen entwickeln. Zunächst aber müssten, so Bäckhed, größere Studien diese Zusammenhänge bestätigen und mögliche ursächliche Beziehungen zwischen einzelnen Bakterienarten und einer Arteriosklerose prüfen.

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Quelle: "Human oral, gut, and plaque microbiota in patients with atherosclerosis", Omry Koren et al.; Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), Online-Publikation, doi: 10.1073/pnas.1011383107


 

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