Antike Rüstungsexporte von der iberischen Halbinsel nach Karthago?

Vor Ibiza im Meer versunkene Bleibarren aus dem 3. vorchristlichen Jahrhundert geben Rätsel auf - eventuell handelt es sich um Rüstungsmaterial für die Karthager in den Punischen Kriegen
Die Ruinen von Karthago. Waren die Bleibarren für die einstige Mittelmeermacht bestimmt, die gegen die Römer in insgesamt drei langen Kriegen kämpfte?
Die Ruinen von Karthago. Waren die Bleibarren für die einstige Mittelmeermacht bestimmt, die gegen die Römer in insgesamt drei langen Kriegen kämpfte?
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Köln - Warum sollte ein Schiff im 3. Jahrhundert vor Christus mehrere Bleibarren von Südspanien auf die Balearen bringen? Diese Frage stellt sich ein deutscher Unterwasserarchäologe, der vor Ibiza vier Bleibarren im Meer gefunden hat, die aus der Zeit der Punischen Kriege stammen. Es könnte sich um Material für Rüstungszwecke gehandelt haben, doch endgültig beweisen lässt sich dies noch nicht. Die Bleibarren tragen zwar Aufschriften, diese sind jedoch in Nordostiberisch abgefasst, einer Sprache, die bisher nur ansatzweise erschlossen ist.

Blei war in der Antike ein Nebenprodukt der Silbergewinnung. In diesem Fall stammte es - wie chemische Analysen ergaben - aus Silberwerken auf der iberischen Halbinsel. Warum wollte man es aber ausgerechnet auf die Balearen bringen, wo es ebenfalls Silberwerke gab? Marcus Heinrich Hermanns von der Universität Köln vermutet, dass das Blei in großen Mengen für Rüstungszwecke benötigt wurde. "Die Balearischen Inseln stellten in der Antike spezialisierte Söldnertruppen: die Balearischen Schleuderer, eine Art Scharfschützen-Truppe", erklärt der auf Unterwasserarchäologie spezialisierte Forscher. "Mit ihrer Waffe schleuderten sie zielgenau unterschiedlich große und bis zu 140 Gramm schwere Geschosse. Diese waren meist aus Blei." Der Bleifund stammt aus einer Zeit, in der über Jahrzehnte Krieg herrschte. Es war die Zeit der Punischen Kriege zwischen den beiden großen Mächten des Mittelmeers Rom und Karthago. Möglicherweise konnte man in dieser Zeit gar nicht genug Blei bekommen. Und vielleicht war das Blei auch gar nicht für die Balearen bestimmt, sondern für Karthago. Es könnte sein, dass der Frachter vor der Küste von Ibiza havariert ist und deshalb seinen Zielort nie erreichte.

Die Barren tragen Aufschriften in nordostiberischer Schrift. "Dies ist die am besten erforschte Schrift der vorrömischen Silbenschriften auf der iberischen Halbinsel", sagt Hermanns. "Das Alphabet ist seit seiner Entzifferung durch den spanischen Gelehrten M.Gómez Moreno - um 1920 - zwar vollständig lesbar, jedoch sind die Texte nicht übersetzbar." Hinzu kommt, dass auf den Barren auch Abkürzungen stehen, die bisher noch nicht entschlüsselbar sind. Somit liegt gewissermaßen der Inhalt des "Lieferscheins" zu den Bleibarren (noch) im Dunkeln. Da aber die Schrift selbst aufgrund der Ausformung der Silbenzeichen datiert werden kann, ist auch eine Datierung der Bleibarren möglich. Daher steht mit einiger Sicherheit fest, dass die Bleibarren aus dem 3. Jahrhundert vor Christus stammen. Auf ein punktuelles historisches Ereignis, zu dem die Bleibarren geliefert werden sollten, kann sich der Forscher nicht festlegen.

Universität Köln / Eigene Recherche
Quelle: Universität Köln / Eigener Bericht


 

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