Antibiotika gegen Darmkrebs?

Die Eliminierung von Fusobakterien aus Darmtumoren könnte Krebswachstum und Metastasenbildung hemmen
Fusobakterien zählen zur normalen Körperflora von Mundhöhle und Darm (Fusobacterium necrophorum im Phasenkontrastmikroskop).
Fusobakterien zählen zur normalen Körperflora von Mundhöhle und Darm (Fusobacterium necrophorum im Phasenkontrastmikroskop).
© CDC/Dr. Lillian V. Holdeman , gemeinfrei
Boston (USA) - Darmtumore sind häufig von Fusobakterien besiedelt, was einen negativen Einfluss auf den Krankheitsverlauf hat. Die Mikroben sind so eng mit den Krebszellen verbunden, dass sie sich auch zusammen mit ihnen in anderen Körperregionen ausbreiten, berichten jetzt amerikanische Mediziner im Fachjournal „Science“. Aus Tierexperimenten schließen sie, dass Fusobakterien die Entwicklung kolorektaler Karzinome und die Bildung von Metastasen begünstigen. Eine antibiotische Behandlung verringerte die Bakterienzahl im Krebsgewebe und bremste das Tumorwachstum bei Mäusen. Der Einsatz spezieller Antibiotika könnte daher bei der Behandlung von Patienten hilfreich sein, wenn in den Darmtumoren Fusobakterien nachgewiesen wurden. Fusobakterien kommen auch in Darm und Mundhöhle gesunder Menschen vor.

„Bei kolorektalen Tumoren mit einer hohen Keimzahl an Fusobakterien kommt es nach einer Krebstherapie mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu erneutem Krebswachstum. Das bestätigt unser Konzept, wonach eine gegen Fusobakterien gerichtete antibiotische Behandlung nützlich sein könnte“, schreiben die Forscher um Matthew Meyerson von der Harvard Medical School. Sie untersuchten zunächst eingefrorene Gewebeproben von Darmtumoren und Lebermetastasen auf den Gehalt an Fusobakterien. Bei acht von elf Patienten konnten sie die Mikroben aus dem Primärtumor anzüchten. Bei fünf dieser Patienten waren die Bakterien mittels DNA-Test auch in den Metastasen nachweisbar, eine Anzucht gelang hier aber nur in zwei Fällen. Wie genauere genetische Analysen zeigten, handelte es sich im Darm- und Lebertumor eines Patienten jeweils um genau denselben Stamm von Fusobacterium nucleatum oder Fusobacterium necrophorum. Die Bakterien waren offenbar zusammen mit einigen Krebszellen des Darmtumors in die Leber gelangt.

DNA-Analysen formalinfixierter Gewebeproben von 101 Patienten ergaben einen Nachweis von Fusobakterien bei 43 Prozent der Primärtumoren. Von den Patienten mit solchen Tumoren hatten 45 Prozent auch Metastasen, die mit Fusobakterien besiedelt waren. War der Darmtumor eines Patienten frei von Fusobakterien, konnten sie auch in seinen Lebermetastasen nicht nachgewiesen werden. Weitere genetische Untersuchungen tiefgefrorener Proben von 430 Darmtumoren lieferten Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen verkürzter Überlebenszeit des Erkrankten bei erhöhter Keimzahl an Fusobakterien. Eine Verpflanzung frisch entnommener menschlicher Darmtumore auf Mäuse war nur dann erfolgreich, wenn das Krebsgewebe Fusobakterien enthielt.

Schließlich prüften die Forscher, wie es sich auf das Krebswachstum auswirkt, wenn vorhandene Fusobakterien durch ein Antibiotikum abgetötet werden. Dazu behandelten sie Mäuse, denen menschliche, fusobakterienhaltige Darmtumoren implantiert worden waren, mit Metronidazol. Dieses Antibiotikum beeinflusste das Wachstum bakterienfreier Tumore nicht. Die Metronidazolbehandlung verringerte nicht nur die Keimzahl der Fusobakterien in den Tumoren, sondern hemmte auch die Vermehrung der Krebszellen deutlich. Die Ergebnisse zeigen, dass Fusobakterien zum Krebswachstum und zur Metastasenbildung von Darmtumoren beitragen, schreiben die Forscher. Daher könnte eine antibiotische Therapie, die diese Bakterien eliminiert, die Krebsbehandlung verbessern. Allerdings hätte der Einsatz von Metronidazol den Nachteil, dass dadurch auch zahlreiche Darmbakterien dezimiert würden, die Bestandteil der normalen Darmflora sind. Es wäre deshalb sinnvoll, so die Autoren, spezielle Antibiotika zu entwickeln, die nur gegen Fusobakterien wirksam sind.

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