Angriffsziel bei tödlichen Ebola-Viren gefunden

Mehrere Forschergruppen identifizieren Transportmechanismus in die Zelle als mögliche Schwachstelle des Erregers
Die Grafik zeigt die Sequenz von Teilschritten mit denen das Virus (grüner Faden) sich in die Zelle einschleust - vom ersten Kontakt (oben) bis es frei in das Zellinnere (Cytoplasma) gelangt. Ganz wichtig dabei das Protein NPC1 in Schlüsselposition.
Die Grafik zeigt die Sequenz von Teilschritten mit denen das Virus (grüner Faden) sich in die Zelle einschleust - vom ersten Kontakt (oben) bis es frei in das Zellinnere (Cytoplasma) gelangt. Ganz wichtig dabei das Protein NPC1 in Schlüsselposition.
© Albert Einstein College of Medicine
Boston (USA) - Das Ebola-Virus gilt als einer der tödlichsten Erreger auf der Erde. Bis zu 90 Prozent der Erkrankten sterben daran, denn bislang gibt es keine Therapie dagegen. Jetzt haben mehrere US-amerikanische Forschergruppen einen möglichen Weg gefunden, um Ebola zu bekämpfen. Wie sie in zwei Publikationen des Wissenschaftsmagazins "Nature" beschreiben, wollen sie dabei einen Teilschritt blockieren, mit dem die Erreger in die Zellen des Wirtes eindringen. In Tierversuchen und in Experimenten mit Zellkulturen waren sie damit bereits erfolgreich.

"Unsere Forschung hat ein wichtiges Zell-Protein identifiziert, das der Erreger braucht, um die Infektion zu verursachen", erklärt Sean Whelan. Der Mikrobiologe von der Harvard Medical School und seine Kollegen hatten dabei unter anderem mit Wissenschaftlern des Albert Einstein College of Medicine in New York kooperiert. Mit einem andern Forschungsansatz waren Wissenschaftler am Bostoner Brigham and Women's Hospital zum gleichen Ergebnis gekommen. Whelan erwartet: "Die Entdeckung erhöht die Chancen, dass wir Medikamente entwickeln können, die Ebola-Infektionen direkt bekämpfen".

Der Angriffspunkt der neuen Strategie ist ein Protein, genannt NPC1, das am Stoffwechsel des Menschen beteiligt ist und Cholesterin durch Zellmembranen transportiert: Liegt es infolge eines seltenen Gendefekts in veränderter Form vor, ist der Stoffwechsel gestört. Das Cholesterin sammelt sich an und verstopft die Zellen - es kommt zum so genannten Niemann-Pick-Syndrom. Werden nun Zellen der davon betroffenen Patienten in Kulturen mit Ebola-Viren zusammengebracht, ist die Infektion komplett geblockt. Gleiches gilt für Zellkulturen, in denen Forscher die Struktur des NPC1-Proteins künstlich verändern. Auch Labormäuse, die ein modifiziertes NPC1 besitzen, sind resistent gegenüber Ebola. Offensichtlich kapern die Viren ein natürliches Transportsystem, um in das Innere der Zellen zu gelangen. Wird ihnen dieser Weg versperrt, ist die Infektion gestoppt.

Die Forscher suchen nun nach Wirkstoffen, mit denen sie das NPC1 zeitweise verändern oder blockieren können. Dabei ist ihnen zwar klar, dass dadurch auch der Cholesterin-Stoffwechsel gestört werden könnte. Allerdings sei dies im Angesicht der tödlichen Gefahr durch Ebola kurzzeitig tolerierbar, so die Forscher. Einen ersten Kandidaten für wirksame Substanzen gibt es bereits: Am Brigham and Women's Hospital fanden die Wissenschaftler per Massentest von zehntausenden Wirkstoffen ein Molekül, das den Eintritt der Viren in Zellen mit über 99 Prozent Sicherheit verhindert.

Das Ebola-Virus gehört mit seinem Verwandten, dem Marburg-Virus, zur Gruppe der fadenförmigen Filoviren. Erstmals wurde es 1976 bei einer Epidemie im Kongo an den Ufern des Ebola Flusses gefunden. Es verursacht Hämorrhagisches Fieber, das durch heftigste Blutungen gekennzeichnet ist. In der Folge kommt es zu multiplem Organversagen und schließlich zum Tod. Es gibt bisher weder einen Impfstoff noch antivirale Medikamente. Selbst die Wege der Ausbreitung sind noch nicht endgültig geklärt. Trotz der damit verbundenen schweren Handhabbarkeit ist nicht ganz auszuschließen, dass Ebola-Viren im Bioterrorismus eingesetzt werden könnten.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Ebola virus entry requires the cholesterol transporter Niemann-Pick C1," Carette et al.; Nature, Vol. 476, doi:10.1038/nature10348
"Small molecule inhibitors reveal Niemann-Pick C1 is essential for Ebola virus infection", Cote et al.; Nature, Vol. 476, doi:10.1038/nature10380


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg