Angewandte Genomforschung: Maisschädlingen auf der Spur

Der Vergleich des Erbguts zweier verwandter parasitischer Pilze, die Maispflanzen befallen, ermöglichte deutschen Forschern die Identifizierung von Genen, von denen das Überleben des Schädlings abhängt
Mit dem Brandpilz Ustilago maydis infizierter Maiskolben
Mit dem Brandpilz Ustilago maydis infizierter Maiskolben
© Science/AAAS
Marburg - Unter den so genannten Brandpilzen gibt es Parasiten, die Maispflanzen befallen. Um zu erforschen, wie es dem Erreger des Maisbeulenbrands gelingt, den Abwehrreaktionen der Wirtspflanze zu widerstehen, haben deutsche Forscher einen neuen Weg eingeschlagen. Ihr Ziel war es, die Gene zu identifizieren, die der Pilz für die Auseinandersetzung mit der Pflanze und damit für sein Überleben benötigt. Dafür verglichen sie sämtliche Gene des Erbguts mit dem Genom einer zweiten Art von Brandpilzen. Der Genomvergleich lieferte eine begrenzte Zahl von Genen, durch die sich beide Pilzarten stark unterschieden. Darunter waren die gesuchten Gene mit dem Bauplan von Proteinen, die der Pilz in die Maispflanze freisetzt. Wenn diese molekularen Abwehr- und Angriffswaffen des Parasiten genauer untersucht sind, lassen sich auch gezielte Maßnahmen gegen den Schädlingsbefall entwickeln, schreiben die Biologen im Fachjournal "Science".

"Früher glaubten wir, dass der Pilz sich vor der Pflanze versteckt und unbemerkt in ihr wächst. Heute wissen wir, dass die Pflanze den Pilz sehr wohl erkennt und angreift. Aber der Pilz hält die pflanzlichen Abwehrsysteme in Schach", sagt Jan Schirawski von der Universität Göttingen. Zusammen mit dem Forschungsteam von Regine Kahmann am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg untersuchte er, welche speziellen, auf die Maispflanze abgestimmten Eigenschaften ein erfolgreicher Pilzparasit haben muss. Bei der Evolution des Schädlings hat eine Art biologisches Wettrüsten stattgefunden: Der Pilz musste die Schutzvorrichtungen der Pflanze überwinden und Angriffswaffen entwickeln. Dazu dienen ihm Proteine, die in den Wirt freigesetzt werden. Darauf reagierte die Pflanze mit neuen Abwehrmechanismen, auf die der Pilz wiederum seine molekularen Waffen veränderte. So entstanden in kurzer Zeit spezialisierte Gene im Erbgut des Parasiten, die für seine Lebensweise notwendig und typisch sind. Durch viele dieser Gene unterscheidet er sich von verwandten Pilzen, die entweder andere Wirte befallen oder andere Strategien entwickelt haben.

Daher konnten die Forscher solche Gene bei dem Maisschädling Ustilago maydis durch einen Genomvergleich nachweisen. Sie sequenzierten das Erbgut von Sporisorium reilianum und verglichen sämtliche Gene mit dem bereits bekannten Genom von U. maydis. Der Brandpilz S. reilianum ist ebenfalls ein Parasit von Maispflanzen, breitet sich aber auf andere Weise aus. Wie zu erwarten, stimmte die überwiegende Zahl der Gene beider Pilze weitgehend überein. Dagegen ergaben sich in 43 Abschnitten des Erbguts große Abweichungen in den DNA-Sequenzen. Das war ein Hinweis auf eine hohe Mutationsrate, wie es für Gene zu erwarten ist, die der Verteidigung und dem Angriff beim Befall der Wirtspflanze dienen. Mehr als die Hälfte dieser Gene kodierte für Proteine, die der Pilz freisetzt. In sechs dieser Regionen schalteten die Forscher Gene ab. Das schwächte in einigen Fällen die Angriffskraft des Parasiten. Aber bei anderen Genen erhöhte sich dadurch sogar die Aggressivität des Pilzes. Offenbar sorgt der Parasit auch dafür, seinen Wirt nicht zu stark zu schädigen, damit die Pflanze nicht abstirbt, bevor er sich über die Produktion von Sporen vermehren konnte.

Noch ist nicht im Einzelnen bekannt, wie die vom Pilz in die Pflanze freigesetzten Proteine den Abwehrmechanismen des Wirtes entgegenwirken. Wenn diese Form der chemischen Kriegsführung aufgeklärt ist, könnten Schutzmaßnahmen entwickelt werden, die die Maispflanze bei der Abwehr von Schädlingen unterstützen. Denkbar wären neue Züchtungen widerstandfähiger Pflanzen oder ökologisch unbedenkliche, da sehr gezielt wirkende Schädlingsbekämpfungsmittel. Die erfolgreich eingesetzte Methode des Genomvergleichs zwischen verwandten Arten würde helfen, auch bei anderen Krankheitserregern noch unbekannte Virulenzgene zu identifizieren und neue Gegenmittel zu entwickeln.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Pathogenicity Determinants in Smut Fungi Revealed by Genome Comparison", Jan Schirawski et al.; Science, Vol. 330, p. 1546


 

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