Amöben mit Familiensinn
"Kooperation ist eine der Erfolgsgeschichten in der Evolution der Lebewesen. Und der beste Weg, dabei Konflikte zu vermeiden, ist die Kooperation mit genetisch ähnlichen Individuen", sagt Joan Strassmann von der Rice University in Houston. Sie und ihre Kollegen untersuchten die genetischen Grundlagen des sozialen Verhaltens des zellulären Schleimpilzes Dictyostelium discoideum. Dazu vermischten sie mit Farbstoffen markierte Einzelzellen verschiedener Stämme, die sich teils mehr, teils weniger genetisch unterschieden. Dann lösten sie die Bildung von Fruchtkörpern aus.
Durch die Farbmarkierung ließ sich erkennen, dass sich Gruppen genetisch ähnlicher Zellen zusammenlagerten, um Stiel und Sporenkugel zu bilden. Die Amöben waren in der Lage, selbst geringe genetische Unterschiede zu erkennen und einen Zusammenschluss mit genetisch fremden Zellen zu vermeiden. Das senkt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Stielzelle durch ihren Tod den Amöben einer anderen genetischen Variante dazu verhilft, als Sporen zu überleben. Das Unterscheidungsvermögen der Einzeller ähnele der Fähigkeit von Immunzellen höher entwickelter Lebewesen, zwischen "selbst" und "nicht-selbst" zu unterscheiden, sagt Gad Shaulsky vom Baylor College of Medicine, ein Mitglied des Forschungsteams. Wie die Schleimpilze eine genetische Ähnlichkeit erkennen, ist noch nicht bekannt.