Amöben mit Familiensinn

Wenn aus einzelligen Schleimpilzen mehrzellige Fruchtkörper werden, kooperieren bevorzugt genetisch ähnliche Zellen
Die Einzelzellen zweier verschieden angefärbter Stämme von Schleimpilzen bei der Bildung von Fruchtkörpern
Die Einzelzellen zweier verschieden angefärbter Stämme von Schleimpilzen bei der Bildung von Fruchtkörpern
© PLoS Biology, doi:10.1371/journal.pbio.0060287
Houston (USA) - Zelluläre Schleimpilze, auch "soziale Amöben" genannt, lagern sich bei Nahrungsmangel zusammen und bilden mehrzellige Fruchtkörper. Dabei opfern sich etwa 20 Prozent der Zellen für die anderen auf: Sie bilden einen Stiel, der die anderen Zellen, die als Sporen überleben, in die Höhe hebt. Die Stielzellen sterben ab. Amerikanische Forscher haben jetzt festgestellt, dass sich bei diesem kooperativen Verhalten bevorzugt genetisch ähnliche Zellen zusammentun. Das macht das altruistische Verhalten der Stielzellen verständlich. Denn durch ihren Tod tragen sie zum Überleben verwandter Zellen und damit zur Erhaltung eigener Gene bei, schreiben die Biologen im Online-Journal "PLoS Biology".

"Kooperation ist eine der Erfolgsgeschichten in der Evolution der Lebewesen. Und der beste Weg, dabei Konflikte zu vermeiden, ist die Kooperation mit genetisch ähnlichen Individuen", sagt Joan Strassmann von der Rice University in Houston. Sie und ihre Kollegen untersuchten die genetischen Grundlagen des sozialen Verhaltens des zellulären Schleimpilzes Dictyostelium discoideum. Dazu vermischten sie mit Farbstoffen markierte Einzelzellen verschiedener Stämme, die sich teils mehr, teils weniger genetisch unterschieden. Dann lösten sie die Bildung von Fruchtkörpern aus.

Durch die Farbmarkierung ließ sich erkennen, dass sich Gruppen genetisch ähnlicher Zellen zusammenlagerten, um Stiel und Sporenkugel zu bilden. Die Amöben waren in der Lage, selbst geringe genetische Unterschiede zu erkennen und einen Zusammenschluss mit genetisch fremden Zellen zu vermeiden. Das senkt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Stielzelle durch ihren Tod den Amöben einer anderen genetischen Variante dazu verhilft, als Sporen zu überleben. Das Unterscheidungsvermögen der Einzeller ähnele der Fähigkeit von Immunzellen höher entwickelter Lebewesen, zwischen "selbst" und "nicht-selbst" zu unterscheiden, sagt Gad Shaulsky vom Baylor College of Medicine, ein Mitglied des Forschungsteams. Wie die Schleimpilze eine genetische Ähnlichkeit erkennen, ist noch nicht bekannt.

Public Library of Science
Quelle: "Kin discrimination increases with genetic distance in a social amoeba", Elizabeth A. Ostrowski et al., PLoS Biology, Vol. 6(11), e287, doi:10.1371/journal.pbio.0060287,


 

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