Ameisen: Schlechte Wohnsituation verstärkt Suche nach neuem Nest

Je geringer die Qualität der Behausung, desto mehr Bewohner einer Kolonie von Felsameisen begeben sich als Kundschafter auf die Suche nach einer besseren Unterkunft
Blick in das Labornest einer Kolonie von Temnothorax albipennis
Blick in das Labornest einer Kolonie von Temnothorax albipennis
© Professor Nigel R Franks, University of Bristol
Bristol (Großbritannien) - Nur wer sich in seiner Behausung nicht wohl fühlt, macht sich die Mühe, nach einer neuen zu suchen. Auch Felsameisen ändern die Intensität der Wohnungssuche, je nachdem wie zufrieden sie mit ihrem Nest sind, haben britische Biologen beobachtet. Je schlechter die Wohnqualität des aktuell genutzten Nestes war, desto mehr Mitglieder der Kolonie erkundeten die Umgebung und informierten sich über die Lage auf dem Wohnungsmarkt. Eine Kolonie profitiert nur dann davon, viel Energie in die Suche nach einem neuen Nestplatz zu investieren, wenn der Vorteil eines Wohnungswechsels möglichst groß ist, schreiben die Forscher im Fachblatt „Biology Letters“.

„Indem sie ihre Informationsbeschaffung an ihre tatsächlichen Bedürfnisse und den wahren Wert besserer Behausungen anpassen, können die Ameisen das Wohnungsangebot vielleicht objektiver und gründlicher beurteilen“, sagt Carolina Doran aus dem Forscherteam von Nigel Franks an der University of Bristol. Die Biologen beobachteten das Verhalten von 15 Kolonien der Felsameise Temnothorax albipennis. Diese bestanden jeweils aus einer Königin, 100 bis 200 Arbeiterinnen und der Brut. Als Nest dienten zwei aufeinander gelegte Glasplättchen, zwischen denen entlang des Randes ein Streifen Pappkarton lag. Durch verschiedene Kartondicken sowie variable Abdunklungen des Hohlraums und Breiten eines Zugangs erzeugten die Forscher Nester in fünf unterschiedlichen Qualitätsstufen. Die Ameisen bevorzugten einen dunklen, geräumigen Raum mit schmalem Eingang. Jede Kolonie wurde in jeden der fünf Typen von Nestern versetzt.

Jeweils fünf Stunden lang zählten die Biologen dann alle zehn Minuten die Ameisen, die sich weiter als 1,5 Zentimeter vom Nestrand entfernt hatten. Die Zahl dieser Kundschafter erwies sich als direktes Maß für die Qualität des Nestes: Bei schlechtester Wohnqualität wurden im Schnitt 13,4 Prozent der Bewohner zu Kundschaftern, bei optimalen Verhältnissen waren es nur 3 Prozent. Unter natürlichen Bedingungen würde sich eine Kolonie zu einem Umzug entschließen, sobald eine bessere Wohnmöglichkeit gefunden ist. Aber der Wohnungswechsel ist mit großen Risiken verbunden, weil dabei Königin und Brut vorübergehend ungeschützt sind. Die Beurteilung der Nestqualität muss daher sehr zuverlässig sein, um die Kolonie nicht unnötig zu gefährden.

Bei den Experimenten war es den Insekten nicht möglich, das bewohnte mit einem anderen Nest zu vergleichen. Die Ergebnisse zeigen aber, dass die Ameisenkolonie die aktuelle Wohnsituation beurteilen und ihr Verhalten daran anpassen kann. Bei schlechter Qualität erhöht eine größere Zahl an Kundschaftern die Chancen, ein neues, besseres Nest zu finden.

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