Alzheimer: Vielversprechende neue Antikörper

Bei Mäusen ist es erstmals gelungen, Ablagerungen im Gehirn wieder aufzulösen – Immuntherapie ohne schwere Nebenwirkungen
Indianapolis (USA) - Bei der Alzheimer-Demenz lagern sich im Gehirn lösliche Beta-Amyloid-Eiweißstoffe zu unlöslichen Plaques zusammen. Dieser Prozess lässt Hirnzellen absterben. Bisher verfügbare Antikörper, die gegen das Beta-Amyloid gerichtet sind, konnten zwar im Tierversuch die Neubildung von Plaques verhindern, aber keine bereits vorhandenen beseitigen. Warum das so ist, haben amerikanische Forscher jetzt herausgefunden. Sie erzeugten einen neuen Typ von Antikörper, der sich nur noch an Molekülstrukturen von unlöslichen Beta-Amyloiden anheftet, nicht aber an lösliche Moleküle. Bei Alzheimer-Mäusen konnten damit erstmals Plaques abgebaut werden, ohne dass es zu schweren Nebenwirkungen in Form von Blutungen kam. Diese Resultate verbessern die Chancen auf eine Immuntherapie der Altersdemenz, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt „Neuron“.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass zur Beseitigung von Plaques wahrscheinlich ein Antikörper nötig ist, der ausschließlich an unlösliche Beta-Amyloide bindet“, sagt Ronald DeMattos vom Pharmaunternehmen Eli Lilly. Die bisher in Tierversuchen und klinischen Studien eingesetzten Antikörper hatten Bindungsstellen, die nicht zwischen löslichen Einzelmolekülen und Ablagerungen aus zahlreichen Molekülen des Beta-Amyloids unterschieden. DeMattos und seine Kollegen vermuteten, dass diese Antikörper deshalb keine Plaques beseitigen, weil ihre Bindungsstellen von den löslichen Beta-Amyloiden blockiert werden, bevor sie sich an die Plaques anlagern können. Daher suchten die Forscher nach einer Molekülstruktur, die nur in den Plaques vorliegt und von einem Antikörper erkannt werden kann.

Tatsächlich fanden sie in den Ablagerungen eine um zwei Aminosäuren verkürzte Form des Beta-Amyloid-Moleküls, welches normalerweise aus 42 Aminosäuren besteht. Ein gentechnisch erzeugter monoklonaler Antikörper war in der Lage, dieses veränderte Molekül-Ende zu erkennen, während er sich nicht an das intakte Molekül anheftete. Die Wissenschaftler injizierten die neuen Antikörper in den Blutkreislauf älterer Alzheimer-Mäuse, bei denen sich bereits zahlreiche Plaques im Gehirn gebildet hatten. Die Antikörper überwanden die Blut-Hirnschranke, das heißt, sie gelangten ins Hirngewebe und beseitigten dort die Ablagerungen sehr effektiv. Dabei kam es nicht zu Blutungen, sogenannten Mikrohämorrhagien, die beim Einsatz anderer Antikörper häufig als gefährliche Nebenwirkung auftreten.

Die bei der Alzheimer-Demenz entstehenden Amyloid-Plaques bilden möglicherweise ein Reservoir, aus dem sich kleinere Molekülverbände oder Einzelmoleküle wieder lösen können, die dann die Hirnzellen abtöten. Nach Ansicht der Forscher ist es für den Erfolg einer Behandlung unabdingbar, dieses Reservoir zu zerstören. Dagegen genügt es nicht, nur die löslichen Amyloidformen zu inaktivieren. Eine Früherkennung der Krankheit und damit eine vorbeugende Behandlung ist noch nicht möglich. Bereits mehr als zehn Jahre vor den ersten Anzeichen einer Demenz bilden sich die Plaques. Zum Zeitpunkt der Diagnose ist nahezu das maximale Ausmaß der Ablagerungen erreicht. Dann sind Therapien, die schon vorhandene Plaques beseitigen, wichtiger als solche, die eine Neubildung verhindern.

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