Alzheimer: Harmlose Infektion schützt Hirnzellen bei Mäusen

Inaktive Toxoplasmen hemmen Entzündungsreaktionen im Gehirn und vermindern das Absterben von Nervenzellen
Teilungsfähige Formen (sogenannte Tachyzoiten) von Toxoplasma gondii (Giemsa-Färbung)
Teilungsfähige Formen (sogenannte Tachyzoiten) von Toxoplasma gondii (Giemsa-Färbung)
© U.S. Centers for Disease Control and Prevention
Seoul (Korea) - Die weltweit verbreiteten Erreger der Toxoplasmose gelangen oft unbemerkt über den Kontakt mit Katzenkot oder durch Verzehr von rohem Fleisch in den menschlichen Körper. Ohne Krankheitssymptome auszulösen, können die einzelligen Parasiten im Innern von Hirnzellen lange Zeit überdauern, indem sie Abwehrreaktionen des Immunsystems unterdrücken. Diese Eigenschaft könnte sich auf degenerative Hirnerkrankungen auswirken, zeigen jetzt Experimente koreanischer Forscher. Sie untersuchten bei Mäusen, wie diese Immunsuppression die Entwicklung der Alzheimer-Demenz beeinflusst. Tatsächlich dämpfte die Toxoplasmen-Infektion Entzündungsreaktionen im Gehirn der Alzheimer-Mäuse. Das Ausmaß der krankheitstypischen Beta-Amyloid-Ablagerungen verringerte sich und es starben weniger Nervenzellen ab. Zudem erbrachten die infizierten Tiere bessere kognitive Leistungen als nicht infizierte Alzheimer-Mäuse, berichten die Wissenschaftler im Online-Journal „PLoS One“.

„Entzündungsreaktionen im Gehirn könnten eine der Ursachen sein für die Entwicklung einer Demenz und das Nachlassen kognitiver Hirnfunktionen im Alter“, schreiben Eun-Hee Shin vom Seoul National University College of Medicine und Kollegen. Maßnahmen, die solche Entzündungsreaktionen unterdrücken, könnten daher das Fortschreiten einer degenerativen Hirnerkrankung stoppen. Die Forscher infizierten genetisch veränderte Mäuse, die eine Alzheimer-ähnliche Krankheit entwickeln, mit einem nicht aggressiven Stamm von Toxoplasma gondii. Im Vergleich zu nicht infizierten Alzheimer-Mäusen erhöhte sich dadurch der Spiegel entzündungshemmender Botenstoffe im Gehirn und es bildeten sich mit der Zeit weniger Beta-Amyloid-Ablagerungen. Bei Orientierungstests in Labyrinthversuchen schnitten die Tiere sechs Monate nach der Infektion besser ab als gleichaltrige nicht infizierte Mäuse. Die Forscher schließen aus ihren Ergebnissen, dass eine Toxoplasmen-Infektion bei den Tieren einen längere Zeit anhaltenden Schutzeffekt bewirkt. In einem frühen Krankheitsstadium kann dadurch das fortschreitende Absterben von Hirnzellen verhindert werden.

Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts haben sich in Deutschland die Hälfte aller Menschen irgendwann in ihrem Leben mit Toxoplasmen infiziert – meist ohne dass Krankheitssymptome auftraten. Bei den über 70-Jährigen sind es knapp 70 Prozent. Ein möglicher Zusammenhang mit dem Risiko einer Alzheimer-Erkrankung ist bisher nicht untersucht.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: „Toxoplasma gondii Infection in the Brain Inhibits Neuronal Degeneration and Learning and Memory Impairments in a Murine Model of Alzheimer's Disease”, Bong-Kwang Jung et al.; PLoS ONE, DOI: 10.1371/journal.pone.0033312


 

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