Alte Menschen mit Nacken- oder Rückenschmerzen sterben früher
„Das ist ein wichtiges Ergebnis, denn viele Leute denken, dass Rückenschmerzen nicht lebensbedrohlich sind“, sagt Paulo Ferreira von der University of Sydney. Seine Studie erfasste medizinische Daten von 4391 ein- und zweieiigen Zwillingen, die bei Beginn bereits älter als 70 Jahre waren. Jeder Dritte gab an, im zurückliegenden Monat unter Nacken- oder Rückenschmerzen gelitten zu haben. Im Zeitraum von durchschnittlich neun Jahren starben 3659 Personen. Für diejenigen mit HWS- oder LWS-Syndrom war die Gesamtsterberate pro Jahr 13 Prozent höher als für die anderen. Bei diesem Effekt spielen familiäre und genetische Einflüsse offenbar keine Rolle, wie die separat durchgeführten Vergleiche innerhalb der einzelnen Zwillingspaare zeigten. Zudem ergab sich kein statistisch relevanter Zusammenhang zwischen Rückenschmerzen und dem Risiko, an einer Herz- und Gefäßkrankheit zu sterben.
Wurden bei der Auswertung zusätzlich die jeweilige körperliche Fitness und das Vorliegen depressiver Störungen der Testpersonen berücksichtigt, bestand kaum noch eine Beziehung zwischen Wirbelsäulensyndrom und Sterberate. Daraus schließen die Forscher, dass diese Beschwerden nicht die alleinige Ursache für einen vorzeitigen Tod sein können. Möglicherweise seien die Rückenschmerzen nur ein Symptom für eine allgemein schlechte körperliche oder seelische Gesundheit älterer Menschen. So hätten beispielsweise andere Studien ergeben, dass Menschen mit depressiven Störungen im Vergleich zu nicht depressiven Personen mit 60 Prozent größerer Wahrscheinlichkeit früher oder später unter einem LWS-Syndrom leiden. Chronische Nacken- oder Rückenschmerzen könnten aber auch indirekt zu einem erhöhten Sterberisiko beitragen: Sie könnten den Tabakkonsum steigern, soziale Kontakte und körperliche Aktivitäten einschränken, Übergewicht fördern und zu depressiven Stimmungen führen, schreiben die Autoren.
In dieser Studie wurde nicht zwischen leichten, starken und chronischen Beschwerden unterschieden. Auch die Einnahme von Schmerzmitteln und anderer Medikamente blieb unberücksichtigt. Zur Behandlung von Rückenschmerzen seien Medikamente meist ineffektiv und auch eine Operation führe oft nicht zu einem befriedigenden Ergebnis, sagt Ferreira. „Die beste Therapie ist ein gesunder Lebensstil, der körperliche Aktivität einschließt. Die Leute müssen sich mehr bewegen.“ Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts leiden bis zu 85 Prozent der deutschen Bevölkerung mindestens einmal in ihrem Leben an Rückenschmerzen. Zu den Folgen zählen verminderte Leistungsfähigkeit, Arbeitsunfähigkeit sowie Frühberentung. Weltweit sind schätzungsweise 700 Millionen Menschen betroffen.
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