Alkoholsüchtige Fliegen

Tau- oder Fruchtfliegen betrinken sich bis zum Rausch und werden nach einem Entzug auch wieder rückfällig
San Francisco (USA) - Auch Fliegen zeigen Anzeichen von Alkoholabhängigkeit. Das haben amerikanische Forscher jetzt bei Drosophila melanogaster beobachtet: Erhalten die Taufliegen die Möglichkeit, nach Belieben Alkohol zu konsumieren, verhalten sie sich erschreckend ähnlich wie alkoholabhängige Menschen. So trinken sie etwa Alkohol in Mengen, die einen Rausch auslösen, und werden nach einem Entzug auch wieder rückfällig. Die kleinen Insekten könnten somit als Modell für die Erforschung der Erkrankung dienen, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt "Current Biology"

"Abhängigkeit ist eine rein menschliche Verfassung", erläutert Ulrike Heberlein of the University of California, San Francisco, "doch überraschenderweise zeigen Fliegen einige Schlüsselmerkmale davon." In ihren Untersuchungen beobachteten Heberlein und ihre Kollegen ein so komplexes Verhalten bei den Fliegen im Zusammenhang mit Alkoholgenuss, dass es sie selbst überraschte. Die Insekten bevorzugen Futter mit Alkohol vor gewöhnlichem Futter und diese Vorliebe wächst mit der Zeit. Obwohl sie den Geschmack nicht zu mögen scheinen, lockt sie der Geruch von Alkohol an und die Tiere betrinken sich tatsächlich bis zum Rausch. Dazu überwinden sie sogar Abneigungen gegen bestimmte Geschmäcker oder Gerüche. Zudem werden die Fliegen nach einer Zeit des Entzugs schnell wieder rückfällig und konsumieren wiederholt große Mengen Alkohols.

Was genau die Taufliegen antreibt, vermag Heberlein bislang auch nicht zu erklären. Diese Anziehungskraft kann nicht etwa durch Nährwert oder unmittelbare Sinneserfahrungen erklärt werden. Die Forscherin vermutet, dass die Insekten Alkoholgenuss als belohnend empfinden und daher trotz negativer Konsequenzen trinken. Mit ihrer aktuellen Arbeit zeigen die Forscher komplexe Zusammenhänge im Verhalten der Tiere - etwa Trinken trotz negativer Erfahrungen oder einen Rückfall. Kein Tiermodell könne jemals ein wirklich perfektes Modell für Alkoholismus sein, weil das Phänomen beim Menschen auch mit sozialen und kulturellen Faktoren zusammenhängt, schreiben Heberlein und Kollegen. Dennoch könnten Modelle - wie auch das der Taufliege - dazu beitragen, spezielle Facetten der Abhängigkeit abzubilden und damit näher zu beleuchten.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Report: Preferential Ethanol Consumption in Drosophila Models Features of Addiction", Heberlein, Devineni et al.; Current Biology (DOI 10.1016/j.cub.2009.10.070)


 

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