Afrikanische Elefanten verstehen Fingerzeig

Die Dickhäuter können die menschliche Geste ganz instinktiv richtig deuten, um Futter zu finden
Afrikanische Elefanten verstehen den Fingerzeig des Menschen.
Afrikanische Elefanten verstehen den Fingerzeig des Menschen.
© Anna F. Smet and Richard W. Byrne
St. Andrews (Großbritannien) - Schon Kleinkinder zeigen mit dem Finger auf Dinge, die sie interessieren, und lenken damit die Aufmerksamkeit anderer auf diese. Doch auch Afrikanische Elefanten verstehen instinktiv, worum es geht, wenn ein Mensch auf etwas zeigt. Das konnten zwei britische Forscher jetzt in Verhaltensversuchen beobachten. Besonders faszinierend: Die Dickhäuter müssen das gar nicht lernen, berichten die beiden Wissenschaftler im Fachblatt „Current Biology“. Bereits bei einem ersten Versuch, also ohne vorheriges Training, interpretieren sie die Geste überdurchschnittlich häufig richtig und nutzen den Hinweis, um Futter zu finden. Möglicherweise deuten Afrikanische Elefanten den Fingerzeig deshalb intuitiv richtig, weil sie ebenso wie der Mensch in einem komplexen sozialen Miteinander leben und für die Kommunikation untereinander unter anderem auch ihren Rüssel einsetzen, halten die Forscher für möglich. Tatsächlich machen die Tiere ausschweifende Gesten mit dem Rüssel. Ob sie aber regelrecht auf etwas deuten, ist noch nicht eindeutig geklärt.

“Indem wir belegen, dass Afrikanische Elefanten spontan und ohne jegliches Training menschliches Zeigen verstehen, haben wir nachgewiesen: Die Fähigkeit, Zeigen zu verstehen, ist nicht einzigartig für den Menschen“, erläutert Richard W. Byrne von der University of St Andrews. Sie habe sich auch bei Tieren entwickelt, die von den Primaten weit entfernt sind. „Elefanten sind uns kognitiv viel ähnlicher, als man bisher erkannt hat. Und das versetzt sie in die Lage, unsere charakteristische Art zu verstehen, mit der wir durch Zeigen auf Dinge in der Umgebung aufmerksam machen.“ Gemeinsam mit seiner Kollegin Anna F. Smet hatte Byrne Verhaltensversuche mit elf Afrikanischen Elefanten gemacht, deren Alltag daraus bestand, dass Touristen auf ihnen reiten konnten. Die Tiere waren zwar mit verbalen Kommandos vertraut, nicht aber mit Zeigegesten. In dem Experiment stand ein Mensch zwischen zwei Eimern, von denen nur einer Futter enthielt. Während der Elefant einige Meter entfernt mit einem Führer wartete, zeigte der Mensch auf den Eimer mit dem Futter. Beim Deuten schaute er mehrfach abwechselnd zum Elefanten und zum entsprechenden Eimer. Dann ließ der Führer den Elefanten näher kommen und das Tier konnte sich für einen der beiden Eimer entscheiden.

Tatsächlich nutzten die Dickhäuter den menschlichen Fingerzeig, um sich für den Eimer mit dem Futter zu entscheiden und die Belohnung zu erhalten. In 67,5 Prozent der Fälle – und damit häufiger, als es durch zufällige Auswahl der Fall gewesen wäre – wählten sie den Futtereimer. Einjährige Kinder, geben die Verhaltensforscher zum Vergleich an, liegen bei vergleichbaren Aufgaben bei einer Quote von 72,2 Prozent. „Was uns wirklich überrascht hat“, erzählt Smet, „war, dass sie offenbar überhaupt nichts lernen mussten. Ihr Verständnis war beim ersten Versuch genauso gut wie beim letzten und wir konnten keine Anzeichen dafür finden, dass im Verlauf des Experiments ein Lernprozess stattfand.“ Auch waren Elefanten, die weniger Erfahrung im Umgang mit Menschen hatten, genauso gut darin wie Artgenossen, die mehr mit Menschen zu tun hatten.

Dass die Elefanten auf andere Hinweise wie etwa den Geruch des Futters reagierten, schlossen die Forscher durch einen Kontrollversuch aus, bei dem die Zeigegeste fehlte. Dann entschieden sie sich nur in 46,7 Prozent der Fälle für den richtigen Eimer. Ohne den Fingerzeig nutzten die Tiere allerdings auch andere Hinweise für ihre Entscheidung – etwa die Nähe des Menschen zu einem der Eimer oder ob der Mensch einem der Behälter zugewandt war. „Elefanten haben mit Menschen gemeinsam, dass sie einem durchorganisierten und komplexen Netzwerk leben, in dem Unterstützung, Empathie und Hilfe für andere kritisch für das Überleben sind“, erklärt Byrne. „Nur in einer solchen Gesellschaft könnte es einen adaptiven Vorteil haben, einer zeigenden Geste folgen zu können.“ Verallgemeinert gesagt könne sich in der Elefantengesellschaft die Fähigkeit durchgesetzt haben, Kommunikationsversuche von anderen zu verstehen. Daher könnten sie herausfinden, was Zeigen bedeutet, wenn sie es sehen.

Bereits Kleinkinder können zeigen und darauf reagieren, wenn ihnen etwas gezeigt wird. Und auch viele Tiere, vor allem domestizierte Arten wie Katzen, Ziegen, Pferde und allen voran Hunde, sind in der Lage, menschliche Gesten zu interpretieren. Menschenaffen und andere Primaten zum Beispiel tun sich dagegen eher schwer damit, diese zu deuten. Dass Afrikanische Elefanten, die nie gezielt domestiziert, sondern immer nur gezähmt wurden, ganz ohne Training die Bedeutung eines Fingerzeigs richtig interpretieren, zeigt, dass sie den Menschen offenbar instinktiv verstehen. Asiatische Verwandten, schreiben Smet und Byrne, scheinen bisherigen Untersuchungen zufolge übrigens nicht in der Lage zu sein, auf menschliche Gesten zu reagieren.

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