3D-Krebstumore im Labor erzeugt
"Untersuchungen, für die bisher monatelange Tierversuche nötig waren, können jetzt innerhalb von Tagen durchgeführt werden", sagt Paul Khavari von der Stanford University. Sein Forscherteam erzeugte die "Tumoren in der Schale" und konnte so Entwicklungsvorgänge beobachten, die in ähnlicher Weise auch bei einer Krebserkrankung im menschlichen Körper ablaufen. Ausgangsmaterial waren gesunde menschliche Epithelzellen, die aus Gewebeproben von Haut, Rachen, Speiseröhre und Gebärmutterhals stammten. Epithelzellen bilden nicht nur die äußere Schicht der Haut, sondern kleiden auch Oberflächen und Hohlräume im Körperinneren aus. 90 Prozent aller menschlichen Krebsformen entstehen aus diesem Zelltyp.
Die Forscher schleusten zwei genetische Elemente in das Erbgut der Epithelzellen ein, die ein Krebswachstum begünstigen: Der so genannte Ras-Signalweg wurde aktiviert und die Kontrolle der Zellteilung abgeschaltet. Die genetisch veränderten Zellen übertrugen die Wissenschaftler dann auf Bindegewebszellen der menschlichen Haut, die in Laborschalen kultiviert wurden. Dort bildeten die Epithelzellen zunächst eine oberflächliche Zellschicht, ganz so wie sie auch in der menschlichen Haut vorliegt. Aber schon nach sechs Tagen begannen sie, in das darunter liegende Gewebe einzudringen. Dabei durchbrachen sie die Basalmembran, eine Grenzfläche zwischen Epithel und Bindegewebe. Dieser Vorgang ist eine Voraussetzung dafür, dass sich Krebszellen im Körper ausbreiten können. Die Bindegewebszellen trugen auf noch unbekannte Weise aktiv zum Eindringen der Krebszellen bei. Diese Vorgänge der ersten Schritte einer Tumorbildung konnten bisher noch nie in menschlichem Krebsgewebe untersucht werden, sagt Khavari.
Das Muster der Genaktivitäten bei den künstlich erzeugten Krebszellen entsprach dem Genprofil der Tumorzellen von Krebspatienten. Dagegen stimmten die Genaktivitäten menschlicher Krebszellen, die in einschichtigen Zellkulturen wuchsen, nicht mit jenen spontan entstandener Krebszellen überein. Ergebnisse aus Experimenten mit dem "Tumor-in-der-Schale"-Modell lassen sich daher eher auf den tatsächlichen Krankheitsprozess übertragen als Experimente mit Kulturen von Krebszelllinien. Außerdem würde es Zeit und Geld sparen, die ersten Tests neuer Wirkstoffe mit solchen Gewebekulturen anstelle von Versuchstieren durchzuführen.