26. Juli 2011

Im Druck

Molekularbiologie der Zelle

von Joachim Czichos

Seit 25 Jahren ist "der Alberts" ein unentbehrlicher Begleiter durch das Biologiestudium und ein nützliches Nachschlagewerk für die Zeit danach. Mit der jetzt vorliegenden 5. Ausgabe von "Molekularbiologie der Zelle" löst Ulrich Schäfer vom MPI für biophysikalische Chemie in Göttingen seinen Vorgänger Lothar Jaenicke als Herausgeber der deutschen Übersetzung ab. Beibehalten wurde das Gesamtkonzept des Lehrbuchs mit der Gliederung in fünf Teile. Durch Aktualisierungen und Ergänzungen ist das Werk inzwischen auf über 1900 Seiten angewachsen, ohne aber dadurch abschreckend zu wirken. Im Gegenteil: Die gute Lesbarkeit und eine Fülle von bildlichen Darstellungen – Grafiken und Schemata, Fotos und mikroskopische Aufnahmen – wirken einladend und erleichtern das Verständnis der enormen Bandbreite behandelter Themen.

Die drei Kapitel des ersten Teils ("Einführung in die Zelle") präsentieren die Grundlagen der Biochemie, wobei die Schwerpunkte auf der Enzymologie und dem Energiestoffwechsel liegen. Es folgen in den vier Kapiteln des zweiten Teils die Grundlagen der Molekulargenetik. Hier wurden beispielsweise bei der ausführlichen Darstellung der unterschiedlichen Mechanismen der Genregulation neue Erkenntnisse zur Bedeutung der Mikro-RNAs und der Epigenetik berücksichtigt. Gewissermaßen als Einschub behandelt der dritte Teil die wichtigsten Methoden der Molekularbiologie und Mikroskopie. Das erleichtert das Verständnis der Ausführungen im umfangreichen vierten Teil ("Die innere Organisation der Zelle"). Hier bilden die Zellmembranen und ihre zahlreichen Funktionen einen thematischen Schwerpunkt sowie die Mechanismen der Zellkommunikation. Der Apoptose ist ein eigenes Kapitel gewidmet, um der bisher unterschätzten Bedeutung dieses geregelten zellulären Selbstmordprozesses gerecht zu werden. Der Schlussteil ("Zellen in ihrem sozialen Umfeld") befasst sich mit den Wechselwirkungen zwischen den Zellen im Organismus: der Zusammenhalt im Gewebeverband, Regeneration und Entwicklungsbiologie, sexuelle Fortpflanzung sowie den Mechanismen des angeborenen und adaptiven Immunsystems. In einem separaten Kapitel geht es um das Thema Krebs, also gewissermaßen das "asoziale Verhalten" von Zellen, und das mit gutem Grund: Denn die molekularen Ursachen unkontrollierter Zellvermehrung liefern auch Erkenntnisse über die normalen Zellfunktionen und gleichzeitig Ansätze neuer zielgerichteter Therapien. Jedes der 25 Hauptkapitel endet mit einer Zusammenfassung und einer Liste ausgewählter Zusatzliteratur.

Der Alberts bietet alles, was man über Molekularbiologie und Zytologie wissen will, und zwar so, wie man es sich wünscht: übersichtlich, verständlich geschrieben und hervorragend illustriert. Die beiliegende DVD (in englischer Sprache) ergänzt die Lektionen mit Filmen, 3D-Animationen und mikroskopischen Aufnahmen und enthält sämtliche Abbildungen und Tabellen des Buches als PowerPoint-Präsentationen. Im Zeitraffer zu sehen, wie bei der Angiogenese neue Blutgefäße entstehen, wie sich Listerien im Innern der Wirtszelle bewegen oder wie sich das Prinzip der Enzymkatalyse in einer Animation plastisch darstellen lässt, macht einfach Spaß. Der Alberts ist sein Geld wert. Er bleibt das Standardwerk der Molekularbiologie – für die Prüfungsvorbereitung, zum gezielten Nachschlagen und Schmökern. Als Bettlektüre ist er nur aus einem einzigen Grund weniger geeignet: Sein Gewicht von 4,1 Kilogramm sollte dem Brustkorb doch nicht zugemutet werden.


Molekularbiologie der Zelle von Bruce Alberts, Alexander Johnson, Julian Lewis, Martin Raff, Keith Roberts und Peter Walter, 5. Auflage, Wiley-VCH Verlag, Weinheim, 2011, ISBN 978-3-527-32384-5, Preis: 119 Euro, 1930 Seiten


Weitere Kritiken:


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg