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Der Solar-Übernehmer

Frank H. Asbeck, Vorstandsvorsitzender von Solarworld, scheiterte vorerst mit seinen Plänen, den Autobauer Opel von General Motors zu übernehmen. Wissenschaft aktuell stellt den erfolgreichen Unternehmer der deutschen Solarbranche vor.

Frank H. Asbeck, Vorstandsvorsitzender von Solarworld
Frank H. Asbeck, Vorstandsvorsitzender von Solarworld
© Solarworld
Von Jan Oliver Löfken

Frank Asbeck gehört zu den Gewinnern des Solarbooms. Vor zehn Jahren gründete das Grünen-Mitglied das Bonner Unternehmen Solarworld mit damals zehn Mitstreitern. Nach Börsengang mitten im Aktienboom 1999, Zukäufen einer Modulfabrik in Schweden und den Solarsparten von Bayer und Shell stehen heute weltweit etwa 2000 Menschen bei Asbeck in Lohn und Brot. Für ihn persönlich hat es sich auch gelohnt. Denn er hält eine Sperrminorität von 25 Prozent an Solarworld. Börsenwert Ende November: etwa 360 Millionen Euro. Anfang August vor dem Kursverfall infolge der Finanzkrise und vor dem Opel-Übernahmeangebot bezifferte sich sein Anteil noch auf rund 800 Millionen Euro.

Neider sehen Asbeck als Profiteur rot-grüner Industriepolitik und des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Das ist zum Teil richtig. Denn ohne die garantierte, subventionierte Abnahme des Sonnenstroms zum dreifachen Marktpreis wäre in den letzten zehn Jahren Deutschland sicher nicht Nachfrageweltmeister für Solarmodule geworden. Aber in Zeiten des Klimaschutzes und der hohen Energiepreise wandelt sich der Solarmarkt rasant. Andere europäische Staaten, Indien, China und allen voran die USA holen bei den installierten Sonnenstromwandlern gewaltig auf. Mit und sogar ohne staatliche Fördergelder.

Weltweit wächst die Branche um 30 bis 50 Prozent. Jährlich. Dabei wird der deutsche Nachfrage-Anteil am Weltmarkt von derzeit 40 Prozent trotz kräftiger EEG-gestützter Steigerung weiter sinken. Mit diesem anhaltenen Boom geht eine Bereinigung auf der Anbieterseite, die vor allem in Deutschland von über 170 kleineren Unternehmen geprägt ist, einher. "Die Branche wird sich auf etwa zehn große Unternehmen weltweit reduzieren", ist Asbeck überzeugt. Die jüngste Übernahme des Solarunternehmens Ersol durch den Anlagenbauer Bosch zeigt, dass bald für kleine Firmen mit enthusiastisch-idealistischem Ansatz kein Platz mehr sein wird. Zugleich schießen in China, Indien, Fernost und den USA Fabriken für Solarmodule aus dem Boden. Willkommen im globalisierten Markt.

Asbeck sieht seine Firma gut gerüstet für den zunehmenden Wettbewerb. Nicht viele Unternehmen können wir Solarworld auf die gesamte Wertschöpfungskette von der energieintensiven Aufbereitung des Rohsiliziums bis hin zum fertigen Modul für Hausdächer und Solarkraftwerke zurückgreifen. Auf Einkaufstour in Deutschland will er dennoch nicht gehen: "Derzeit hat Solarworld keine Übernahmeabsichten." Dafür entsteht in Korea derzeit eine neue Modulfabrik, an der Solarworld über ein Joint-Venture beteiligt ist. Das Ziel: den wachsenden asiatische Markt ausreichend bedienen zu können.

Der Standort Deutschland werde dadurch aber nicht in Frage gestellt. Die High-Tech-Komponenten und Herzstücke der Solarmodule, die stromwandelnden Silizium-Zellen, werden weiterhin hierzulande und in den USA gefertigt. So soll das Credo von Solarworld - Effizienz, Effizienz, Effizienz – erfüllt werden. Wandelt hochreines Silizium bis zu 20 Prozent der Sonnenenergie in Strom um, erreichen nur teure Labormuster mit aufwändiger Technik höhere Werte von über 40 Prozent. In absehbarer Zeit wird die Vormachtstellung der schillernden Halbleiterscheiben kaum von anderen, noch weniger effizienten Materialien, wie Cadmiumtellurid oder Kupferindiumselen-Verbindungen, gebrochen werden. Zudem scheut Solarworld die Verwendung von giftigen Substanzen oder Schwermetallen wie Cadmium.

Andere Technologien wie Dünnschichtzellen, die weniger Silizium pro Modul benötigen, oder das Sonnenlicht konzentrierende Sammellinsen hat Asbeck zwar im Blick, sieht aber wegen geringerer Wirkungsgrade keinen Grund für eine Umstellung der Produktion. Das ebenfalls stark wachsende Unternehmen Q-Cells im sächsischen Bitterfeld sieht das etwas anders. Auch wenn hier heute das Geld mit klassischen Silizium-Zellen verdient wird, arbeitet Q-Cells intensiv an den potenziellen Nachfolgetechnologien.

Bleibt die Bestückung von freien Dachflächen das Kerngeschäft der Solarmodule, avancieren parallel große Solarkraftwerke wie in Waldpolenz bei Leipzig (bis 2009 40 Megawatt Leistung aus 550.000 Modulen) und geplante Anlagen in Portugal (52 MW) oder Australien (154 MW bis 2013) zu lukrativen Kunden. In diesem Geschäftsfeld etabliert sich eine weitere Technologie, um Strom und Wärme aus Sonnenlicht zu gewinnen: die Solarthermie.

Solarthermische Kraftwerke – das derzeit größte, Andasol 1 im spanischen Andalusien, steht kurz vor der Inbetriebnahme – bündeln Sonnenlicht über gewölbte Spiegel auf eine ölgefüllte Rinne. Auf etwa 400 Grad aufgeheizt wird mit dem Öl in einem angeschlossenen Kreislauf Wasser verdampft und zur Produktion von Strom für 200.000 Haushalte (50 MW) auf die Turbinenschaufeln von Generatoren gelenkt. Weitere Solarthermie-Kraftwerke, Andasol 2 bis 2009 und Andasol 3 bis 2011, werden in Spanien folgen und von dem börsennotierten, deutschen Unternehmen Solar Millennium aufgestellt werden. Ähnliche Projekte sind derzeit in China, den USA und Nordafrika geplant. "Solarthermie ist zweifellos einsatzreif und eine effiziente Technologie", sagt auch Asbeck. Als direkte Konkurrenz sieht er Solarthermie nicht. Der Energiehunger ist so groß, dass beide Technologien – Solarthermie und Photovoltaik – ihren Markt finden werden.

In noch größeren Maßstäben denken Solarexperten vom europäischen Energie-Forschungszentrum im niederländischen Petten. Sonnenkraftwerke auf nur 0,3 Prozent der Fläche der Sahara könnten genug Strom für ganz Europa produzieren, sagt der Energieforscher Arnulf Jaeger-Waldau. Mit Solarthermie und Solarzellen wäre es technologisch machbar. Zum verlustarmen Transport wären neue Stromleitungen mit Gleichspannung von etwa 1.000.000 Volt geeignet. Geschätzte Kosten: mindestens 450 Milliarden Euro bis 2050. Eine Vision? Mit Sicherheit. Vollkommen unrealistisch? Mit der Annäherung der EU über die Mittelmeerunion an die nordafrikanischen Staaten vielleicht nicht mehr so sehr.

Aber so verlockend das klingen mag, bleibt Asbeck lieber auf dem Boden. Mehr realistisches Potenzial sieht er in einer Neugestaltung des europäischen Stromnetzes. Technisch und eigentumsrechtlich. "Das Stromnetz sollte so umgebaut werden, dass auch dezentral kleinere Solaranlagen leichter einspeisen können." Daher befürwortet Asbeck den Aufbau einer deutschen Netz-AG, die die Übertragungsnetze über einen Fond in den Händen von vielen Stromerzeugern und auch Verbrauchern statt in denen der vier großen deutschen Stromversorger kontrollieren könnten.

An Ideen, Bewegung und Verdienstaussichten mangelt es der Solarbranche jedenfalls nicht. Und auch den Rückgang der Subventionen von jährlich 8 bis 10 Prozent, wie es das novellierte EEG ab 2009 vorsieht, wird das weltweite Wachstum nicht nachhaltig bremsen. Und Asbeck will trotz seines großen Vermögens nicht den Verlockungen eines Lebens als Privatier erliegen, sondern dabei sein und mitgestalten. "Ich werde meine Anteile an Solarworld nicht verkaufen oder mich zur Ruhe setzen."



Dieses Porträt erschien in einer kürzeren Version zuerst in der Zeitschrift "Cicero", Ausgabe September 2008.



 

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