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Biotech-Valley in Florida - Deutsche Forscher im Sonnenstaat

Biotech-Valley in Florida - Deutsche Forscher im Sonnenstaat

Von Jan Oliver Löfken


Palm Beach (USA)/München - Weite Sandstrände, Palmen und reiche Rentner: Das County Palm Beach im Sonnenstaat Florida genießt einen herausragenden Ruf im Tourismus und für lebenswerte Altersruhesitze. Zwischen Millionärsvillen, Shopping-Malls und Atlantikküste soll nun ein Wissenszentrum für Biotechnologie entstehen. "Unser Ziel ist ein Biotech-Valley mit renommierten Instituten und vielen erfolgreichen Start-Ups", sagt Jeff Koons, Commissioner des County Palm Beach. Eine zentrale Keimzelle für diesen ambitionierten Forschungsstandort auf dem Jupiter Campus der Florida-Atlantic University steuert die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) mit ihrem ersten Auslandsinstitut in den USA bei.

"Wir würden das nicht machen, wenn kein Gewinn auf unserer Seite wäre", sagt Enno Aufderheide, Leiter der Max-Planck-Abteilung für Forschungspolitik und Außenbeziehungen. Eine starke Präsenz in den USA, gesteigertes internationales Renommée und mehr Austausch in einer globalisierten Forschungslandschaft sind die erklärten Ziele der MPG. Und all dies könnte das Florida-Institut quasi zum Nulltarif liefern. Denn deutsche Steuergelder werden nicht für Forschungsförderung in Florida zweckentfremdet. 87 Millionen Dollar für die Errichtung und den Betrieb investiert das Palm Beach County, eine weitere Förderung von über 90 Millionen Dollar vom Staat Florida gilt als sehr wahrscheinlich. Dennoch bleibt das "Max-Planck Florida Institute" eine 100-prozentige Tochter der MPG, einschließlich aller Patente und darauf folgender Lizenzgelder. Diese sollen allerdings nicht nach Deutschland transferiert werden, sondern dem Institut selbst zugute kommen.

Bereits in diesem Jahr werden die ersten Wissenschaftler ihre Arbeit in Florida aufnehmen. Ab 2010 können eigene Labore für etwa 135 Mitarbeiter bezogen werden. Im Mittelpunkt stehen molekulare Bildgebungsverfahren. Mit diesem boomenden Forschungsfeld werden die Grundlagen gelegt, um den Transport einzelner Moleküle in Zellen und biologischem Gewebe genau zu verfolgen. Die Ergebnisse sollen helfen, wirksamere Medikamente und Therapien gegen schwere Krankheiten zu entwickeln. Auf diesen potenziellen Wachstumsmarkt setzt auch das Palm Beach County. "Wir erwarten, dass nach der öffentlichen Förderung privates Geld nachfließt", sagt Jeff Koons. "Da ist eine kritische Masse, die von sich reden machen wird", ist auch Aufderheide überzeugt.

Obwohl die USA selbst mit erfolgreichen Forschungsclustern rund um die Universitäten Berkeley, Stanford oder Harvard aufwarten kann, fiel ihnen die Wahl auf die deutsche MPG leicht. "Das Scripps-Institut in San Diego und die Max-Planck-Forscher sind aus unserer Sicht weltweit führend in diesem Biotech-Bereich, besonders bei der Grundlagenforschung", sagt Koons. Gleich drei Pluspunkte waren nach Meinung von Enno Aufderheide ausschlaggebend: "Wir haben 17 Nobelpreisträger seit dem 2. Weltkrieg, betreiben einen sehr erfolgreichen Technologietransfer und haben führende Forscher im Bereich der biomedizinischen Bildgebungsverfahren."

Trotz dieser Argumente brauchte es einen Anstoß aus dem eigenen Land, um das Interesse der Förderer in Florida auf die deutsche Forschung zu lenken. "Der Tipp, sich an die MPG zu wenden, kam von den Scripps-Leuten", sagt Aufderheide. Dieses Institut mit seinem Stammsitz in Südkalifornien engagiert sich seit einigen Jahren in Palm Beach und wird ebenfalls stark gefördert. Noch länger schätzt das "Scripps" den Wissensaustausch mit den Max-Planck-Forschern in vielen Kooperationen. Überzeugt vom Max-Planck-System zeigte sich der Gouverneur von Florida, Jeb Bush, Ende 2005 auf einem Besuch im Biotech-Cluster in Martinsried bei München. So konnten die Verhandlungen nach nur 18 Monaten in der nun gesicherten Institutsgründung münden.

Droht nun eine Abwanderung findiger Max-Planck-Köpfe in den Sonnenschein-Staat? "Auf keinen Fall werden die deutschen Institute personell ausbluten", sagt Aufderheide. Er sieht in Florida keine größere Zahl an deutschen Forschern, vielmehr werde auf dem amerikanischen Markt rekrutiert. Statt "Brain drain" werde im Gegenteil eine "Brain circulation" mit dem gegenseitigen Austausch von Gastforschern den deutschen Instituten zugute kommen. Mit einem eigenen Institut in den USA könnten sogar verstärkt Wissenschaftler in ihrer kreativen Phase bis Mitte 30 nach Deutschland gelockt werden. "Es geht uns darum, die MPG im stärksten Wissenschaftsland bekannter zu machen und Forscher neugierig zu machen, nach Deutschland zu gehen."

Dieser Gedanke passt sehr gut in die aktuelle Auslandstrategie der MPG. Schon heute zählt die Gesellschaft über 2100 internationale Kooperationen auf Projektebene und eigene Institute in Florenz, Nijmegen und Rom. In Shanghai arbeitet das Partner Institute for Computational Biology erfolgreich. In Argentinien stehen die Verhandlungen mit der Forschungsorganisation Conicet für ein weiteres Partnerinstitut mit dem Arbeitsgebiet "Molekulare Medizin" kurz vor dem Abschluss. Es existieren weit gediehene Pläne für eine ähnliche Zusammenarbeit in Indien. "Verschiedene Standorte sind im Gespräch", sagt Aufderheide. So seien Kalkutta mit seinen hervorragenden Materialforschern oder Bangalore und Delhi im Informatik-Bereich interessant.

Der Fokus liegt dabei auf Schwellenländern, die ein großes Forschungspotenzial aufweisen. "Wir wollen gute Beziehungen in den wachsenden Wissenschaftsnationen ausbauen", sagt Aufderheide. Für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Forschung sei dies um so wichtiger, da sich diese Staaten bisher primär mit den USA vernetzten. Die MPG will den internationalen Nachwuchs gerade in der Postdocphase nach Deutschland locken, doch gute Leute würden auch zur Rückkehr ermutigt. "Kern unserer Strategie ist ein fairer Umgang miteinander", betont Aufderheide. Die Entwicklung in den aufstrebenden Ländern soll nicht gebremst, aber die Bedeutung von Deutschland als idealer Forschungspartner unterstrichen werden.

Im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe will auch das neue Florida-Institut der MPG bestehen. So hofft Jeff Koons mit einem kleinen Unterschied zu den Aussagen aus der Max-Planck-Zentrale, dass eher viele deutsche Forscher den Weg nach Florida finden. Er streicht das bewährte Lockmittel seiner Region heraus. "Es ist hier sehr schön mit nahen Stränden und vielen Möglichkeiten zum Wandern."



 

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