Zweisprachigkeit hält das Gehirn im Alter fit

Das lebenslange Wechseln zwischen mehreren Sprachen begünstigt die Leistung der frontalen Hirnregionen bei älteren Menschen
Geistig länger rege und im Alltag flexibler: Besonders Senioren profitieren von Zweisprachigkeit.
Geistig länger rege und im Alltag flexibler: Besonders Senioren profitieren von Zweisprachigkeit.
© Oxfordian Kissuth, Creative Commons-Lizenz 3.0 Unported (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de)
Washington, DC (USA) - Wer seit seiner Kindheit zweisprachig lebt, profitiert davon nicht nur bei der Verständigung. Das Umdenken zwischen den Sprachen fördert bis ins hohe Alter auch die Beweglichkeit von sprachunabhängigen Denkprozessen. Wie amerikanische Forscher nachweisen konnten, schneiden Senioren, die seit ihrer Kindheit zwei Sprachen nutzen, bei kognitiven Tests besser ab als einsprachig aufgewachsene ältere Menschen. Die im „Journal of Neuroscience“ veröffentlichte Studie belegt auch, dass bei den zwei Versuchsgruppen während des Wechsels zwischen zwei Sprachen jeweils andere Aktivitätsmuster in den beteiligten Hirnregionen entstanden.

„Junge Erwachsene aktivieren ein weites Netzwerk aus Hirnregionen, wenn sie zwischen Aufgaben wechseln. Ältere Erwachsene verbrauchen mehr Energie für die gleiche Herausforderung, die Aktivität in den beteiligten Hirnarealen übersteigt dabei die der jungen Probanden", sagt Neurowissenschaftler Brian T. Gold. Mit zunehmendem Alter sinkt die Fähigkeit des Menschen, sich an unbekannte oder unerwartete Situationen anzupassen. Doch dieser Rückgang der kognitiven Beweglichkeit kann durch geistig anregende Aktivitäten verlangsamt werden. Die für die Studie genutzten Tests belegen, dass zu diesen stimulierenden Tätigkeiten auch das lebenslange Umschalten zwischen verschiedenen Sprachen zählt.

Gemeinsam mit Kollegen von der University of Kentucky hatte Gold mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) die Gehirnaktivitäten gesunder zweisprachiger Senioren im Alter von 60 bis 68 Jahren getestet. Anschließend wiederholte die Forschergruppe die Tests mit gleichaltrigen einsprachigen Probanden. Die Geschwindigkeit bei der Lösung bestimmter Aufgabenstellungen sollte Aufschluss über die geistige Beweglichkeit der Testteilnehmer geben. Dabei zeigte sich, dass die bilingualen Versuchsteilnehmer durchgängig besser abschnitten. Gleichzeitig war bei ihnen der Energieverbrauch im frontalen Kortex, dem für das Wechseln zwischen verschiedenen Aufgaben zuständigen Hirnareal, geringer. „Diese Studie liefert einige der ersten Belege für den Zusammenhang zwischen einer bestimmten geistig stimulierenden Tätigkeit – in diesem Fall das Sprechen mehrerer Sprachen im Alltag – und der Hirnfunktion“, sagt Altersexperte John L. Woodard von der Wayne State University.

Gold und seine Kollegen ließen zudem auch junge Erwachsene die gleichen Denkaufgaben erfüllen. Diese Testpersonen lösten die Aufgabe zwar durchweg schneller, als die Senioren der gleichen Versuchsgruppe. Dennoch hatte die Zweisprachigkeit bei den jungen Probanden im Vergleich zu den einsprachigen jungen Testpersonen keinen positiven Effekt. Die jungen einsprachigen Testteilnehmer erfüllten die Aufgaben sogar langsamer, als die zweisprachigen Senioren. Die Wissenschaftler schließen daraus, dass sich lebenslange Zweisprachigkeit im Alter am stärksten auf die Aktivität der frontalen Hirnregionen auswirkt.

„Alle Ergebnisse der Studie weisen darauf hin, dass zweisprachige Senioren ihr Gehirn leistungsfähiger einsetzten können, als einsprachige ältere Menschen“, so Brian T. Gold. Diese Menschen hätten durch ihre bilingualen Fähigkeiten somit nicht nur soziale und wirtschaftliche Vorteile, sondern auch höhere Chancen auf eine bessere Denkleistung im Alter. Die Forscher vermuten zudem, dass dies auch einen mildernden Effekt auf Symptome von altersbedingter Demenz haben könnte.

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