Zum Leuchten bitte drücken: Erste Kunststoffhaut als Touch-Screen

Dünne Folie kombiniert erstmals Drucksensor und Leuchtdioden zum biegbaren interaktiven Display
Foto des 16x16-Pixel-Prototyps mit einer Fläche von rund 3x3 Quadratzentimetern.
Foto des 16x16-Pixel-Prototyps mit einer Fläche von rund 3x3 Quadratzentimetern.
© Chuan Wang & Ali Javey
Berkeley (USA) - Hauchdünne Leuchtfolien hat die Wissenschaft in den letzten Jahren ebenso hervorgebracht wie flexible Folien, die – ähnlich einer Haut – Berührungen wahrnehmen können. Jetzt haben US-Forscher beides kombiniert und präsentieren die erste „künstliche Haut“, die bei Berührung direkt aufleuchtet. Die papierdünne Folie kann sich auch an unregelmäßige Oberflächen anschmiegen und muss den Druck auf ihre Sensoren nicht mehr weitergeben, etwa an ein externes Display: Stattdessen enthält sie eigene Leuchtdioden, die genau dort aufleuchten, wo gedrückt wird. Dabei zeigt die Helligkeit der Dioden sogar an, wie stark die Berührung war, berichten die Forscher im Fachblatt „Nature Materials“. Für ihre interaktive „elektronische Haut“ oder „E-Skin“ sehen sie zahllose Anwendungen in der Zukunft, von Robotern über Displays in Tapeten oder am Armaturenbrett bis zu medizinischen Sensorfolien.

„Sensoren in ein Netzwerk integrieren ist nicht neu, aber die gewonnenen Daten in etwas Interaktives zu konvertieren, ist ein Durchbruch“, berichtet Chuan Wang, Hauptautor im Team um Ali Javey von der University of California, Berkeley. „Und mit der interaktiven ‚E-Skin’ haben wir ein elegantes System auf Plastik nachgewiesen“, ergänzt Javey selbst, „das sich um unterschiedliche Objekte biegen lässt, um eine neue Art von Mensch-Maschine-Schnittstellen zu ermöglichen“. Wang, heute an der Michigan State University, hatte im Berkeley-Team daran mitgearbeitet, dessen bisherige Erfolge mit flexiblen Dünnschicht-Displays auf Gummifolien zu erweitern. Der neue Prototyp von bislang 16 mal 16 Pixeln besitzt an jedem der Bildpunkte einen Transistor auf Halbleiter-Nanodraht-Basis, einen Drucksensor sowie eine organische Leuchtdiode (OLED).

„Dies ist die erste Nutzer-interaktive ‚E-Skin’, die nicht nur räumlich den aufgebrachten Druck registriert“, schreiben die Forscher im Fachblatt, „sondern auch eine sofortige sichtbare Reaktion liefert, dank eines eingebauten Aktivmatrix-OLED-Displays mit roten, grünen und blauen Pixeln“. Für die Herstellung ließen sie eine dünne Polymerschicht auf einem handelsüblichen Silizium-Wafer aushärten. Dann nutzten sie typische Fabrikationsgeräte der Halbleiterindustrie, um die elektronischen Komponenten übereinander anzubringen. Ohne den Silizumträger, der sich durch Abziehen einfach entfernen ließ, blieb eine flexible Kunststoffschicht mit integriertem Sensornetzwerk. Wie Javey zusammenfasst: „Die elektronischen Komponenten sind ein recht ausgeklügeltes System auf einem recht billigen Stück Plastik“.

Noch ist das System nicht marktfähig, zudem arbeiten Javey und Kollegen derzeit daran, ihr Netzwerk statt auf Druck auch auf Temperatur oder Licht reagieren zu lassen. Dennoch sieht der Leiter der Arbeitsgruppe baldige und breite Anwendungsmöglichkeiten: „Was diese Technologie potenziell leicht vermarkten lässt, ist, dass der Herstellungsprozess gut in die bestehende Halbleiter-Maschinerie passt“. Körperform-nahe Pflaster für die Kontrolle von Puls oder Blutdruck seien da nur ein denkbares Einsatzfeld. Auch ‚intelligente’ Tapeten wie wandfüllende Touchscreens oder unauffälliger in Oberflächen eingebettete Armaturen oder Steuerdisplays gehören dazu.

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