Zappelphilipp-Gen entdeckt

Ein defektes Gen, das bei Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) häufiger auftritt, könnte eine Ursache der Krankheit sein
Daejeon (Korea) - Ein bestimmtes Gen scheint beim Zappelphilipp-Syndrom die Hirnfunktion zu beeinträchtigen. Dies entdeckten koreanische Forscher bei betroffenen Kindern. Sie konnten in Tierversuchen nachweisen, dass der Defekt dieses Gens ein möglicher Auslöser für die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) sein kann. Das Ausschalten des Gens störte tatsächlich die Kommunikation zwischen bestimmten Hirnzellen. Dabei entwickelten die Tiere typische Krankheitssymptome wie verstärkte Bewegungsaktivität und verminderte Lern- und Gedächtnisleistung. Dieselben Medikamente, die zur Behandlung erkrankter Kinder eingesetzt werden, normalisierten auch das Verhalten der Mäuse wieder. Mithilfe dieser genetisch veränderten Tiere sei es nun möglich, die Krankheit genauer zu erforschen, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal "Nature Medicine" (doi: 10.1038/nm2330).

"Unsere Ergebnisse lassen darauf schließen, dass eine verringerte Aktivität des Gens GIT1 beim Menschen zur ADHS führen kann", erklären die Forscher um Eunjoon Kim und Changwon Kang vom Korea Advanced Institute of Science and Technology. Sie suchten zunächst nach Unterschieden im Erbgut von 192 an ADHS erkrankten und 196 gesunden Kindern. Dabei stellte sich heraus, dass eine geringfügige Abweichung im GIT1-Gen mit einer erhöhten Anfälligkeit für ADHS gekoppelt ist. Im zweiten Schritt prüften die Wissenschaftler in Tierversuchen, ob das Ausschalten des Gens die Krankheitssymptome auslösen kann. Tatsächlich zeigten junge genetisch veränderte Mäuse, denen das GIT1-Gen fehlte, in einer unbekannten Umgebung eine doppelt so große Bewegungsaktivität wie gesunde Tiere. Dieses Verhalten normalisierte sich mit dem Älterwerden, wie es auch beim Menschen geschieht: Bei mehr als der Hälfte der betroffenen Kinder vergehen die Krankheitssymptome mit der Zeit.

Defektes Gen stört Signalübertragung zwischen Hirnzellen

Labyrinthversuche und andere Tests ergaben darüber hinaus, dass Gedächtnisleistung und Lernfähigkeit der ADHS-Mäuse ebenfalls beeinträchtigt waren. Medikamente, die auch bei erkrankten Menschen wirksam sind, linderten die Symptome. Methylphenidat, bekannt unter dem Handelsnamen Ritalin, und Amphetamin-Präparate drosselten die Hyperaktivität und verbesserten Gedächtnis und Lernvermögen der Tiere.

Das Gen GIT1 reguliert die Signalübertragung zwischen Nervenzellen. Sein Defekt verschiebt das Gleichgewicht zwischen erregenden und dämpfenden Signalen bei bestimmten Hirnzellen zugunsten der Erregung. Das könnte sowohl die normale Entwicklung des Gehirns als auch bestimmte Hirnfunktionen stören und die Krankheitssymptome erklären, vermuten die Forscher.

Etwa fünf Prozent der Schulkinder, hauptsächlich Jungen, sind von ADHS betroffen. Die Störung äußert sich, unterschiedlich stark ausgeprägt, in überaktivem, impulsivem Verhalten und Konzentrationsstörungen. Neben einer genetischen Veranlagung spielen auch psychosoziale Faktoren bei der Entstehung der Krankheit eine Rolle.

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Quelle: "GIT1 is associated with ADHD in humans and ADHD-like behaviors in mice", Hyejung Won et al.; Nature Medicine, Online-Publikation, doi: 10.1038/nm2330


 

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