Wurmmittel wirkt auch gegen Hospitalkeim

Medikamente, die zurzeit nur gegen Wurmparasiten eingesetzt werden, können Clostridium difficile-Bakterien – schwer zu bekämpfende Erreger von Darminfektionen – effektiv abtöten
Clostridium difficile ist ein anaerober Sporenbildner, der als Hospitalkeim schwere Darmentzündungen verursacht.
Clostridium difficile ist ein anaerober Sporenbildner, der als Hospitalkeim schwere Darmentzündungen verursacht.
© Lois S. Wiggs / Centers for Disease Control and Prevention (CDC)
La Jolla (USA) - Nicht alle Clostridien zählen zur normalen Darmflora. Clostridium difficile-Bakterien sind gefährliche Hospitalkeime. Sie gelangen entweder im Krankenhaus in den Darm eines Patienten. Oder sie sind bereits bei der Einlieferung in geringer Zahl vorhanden, vermehren sich aber während einer antibiotischen Behandlung stark, wenn dadurch die anderen Darmkeime drastisch dezimiert worden sind. Dann verursachen diese Clostridien durch Produktion von Toxinen schwer zu behandelnde und oft schmerzhafte Durchfallerkrankungen. Eine Zufallsentdeckung amerikanischer Forscher hat jetzt gezeigt, dass Medikamente aus der Gruppe der Salicylsäureanilide, die eigentlich nur gegen Wurmparasiten eingesetzt werden, auch sehr wirksam Clostridium difficile-Bakterien abtöten. Nützliche Darmbakterien werden dagegen nicht geschädigt, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Scientific Reports“. Sie haben die Wirksamkeit von Salicylsäureaniliden durch chemische Veränderung noch optimiert. Nun testen sie deren Therapieerfolg zunächst in Tierversuchen, bevor klinische Studien beginnen können.

„Wir suchten nach neuen Verbindungen, die gegen Clostridium difficile wirksam sind, und wählten zufälligerweise das Salicylsäureanilid Closantel, nur um es als Kontrolle einzusetzen“, sagt Kim Janda vom Scripps Research Institute in La Jolla. Closantel wird in der Veterinärmedizin verwendet, um Rinder, Schafe und Ziegen zu entwurmen. Überraschenderweise tötete das Anthelminthikum die Clostridien in Laborkulturen sehr effektiv ab. Zusammen mit Major Gooyit wiederholte Janda die Experimente mit drei weiteren Medikamenten derselben Substanzklasse. Darunter war auch Niclosamid, das zur Behandlung von Bandwurminfektionen beim Menschen zugelassen ist. Alle vier Mittel hemmten nicht nur das Wachstum von Kulturen aller 16 getesteten Clostridien-Stämme. Auch Zellen in der stationären Wachstumsphase wurden abgetötet. Das ist deshalb von großer Bedeutung, weil die Clostridien erst dann, wenn sie sich nicht mehr teilen, Toxine produzieren und Dauerstadien in Form von Sporen bilden. Dagegen entfalten die üblicherweise zur Behandlung eingesetzten Antibiotika Vancomycin und Metronidazol ihre Wirkung nur auf teilungsaktive Bakterien. Die Sporen werden von erkrankten Menschen mit dem Kot ausgeschieden und können lange Zeit überdauern. Das ist ein Grund für das große Infektionsrisiko in Krankenhäusern.

Von ihrem Einsatz als Wurmmittel ist bekannt, dass die Salicylsäureanilide, wenn sie in Pillenform verabreicht werden, überwiegend im Darm verbleiben und kaum ins Blut übergehen. Das verstärkt ihre Wirksamkeit am Ort der Infektion und verursacht nur geringe Nebenwirkungen in anderen Teilen des Körpers. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass diese Medikamente nützliche Darmbakterien wie Bacteroides-, Bifidobacterium- und Lactobacillus-Arten nicht schädigen, stellten die Forscher fest. Der Wirkmechanismus beruht wahrscheinlich darauf, dass die Mittel durch sogenannte Depolarisierung lebensnotwendige elektrochemische Eigenschaften der bakteriellen Zellmembran zerstören. Das dürfte die Resistenzbildung erschweren. Inzwischen haben Tierversuche mit chemisch veränderten Salicylsäureaniliden begonnen.

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