Wimpel-Kraftwerk: Strom aus elektrostatischer Ladung

Prototyp nutzt das Flattern einer kleinen Fahne, um überall bei Wind kleine Strommengen zu erzeugen
Wimpel-Kraftwerk: Flattern im Wind erzeugt elektrischen Strom
Wimpel-Kraftwerk: Flattern im Wind erzeugt elektrischen Strom
© Nature Communications, Bae et al.
Suwon (Südkorea) - „Energie ernten“: Diesen Ausdruck verwenden Wissenschaftler, wenn sie mit autarken Geräten winzige Strommengen sammeln. Diese reichen aus, um ohne Akku oder Steckdose Sensoren, kleine Sender oder Leuchtdioden zu betreiben. In Südkorea verwandelte nun eine Forschergruppe einen flatternden Wimpel in solch ein Mini-Kraftwerk. Wie sie in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature Communications“ berichten, lieferte ihr Wimpel-Kraftwerk bei Windstärke 7 knapp ein Milliwatt Strom bei 200 Volt Spannung.

„Diese Technologie ist ein viel versprechender Ansatz, um elektrische Geräte etwa bei Outdoor-Expeditionen mit Strom zu versorgen“, erklären Jihyun Bae und seine Kollegen vom Samsung Advanced Institute of Technology in Suwon. Unterstützt von Forschern der Seoul National University nutzten sie dazu einen Effekt, den jedes Kind kennt: Wer einen Luftballon an Wolle reibt, kann damit dank elektrostatischer Ladungen Haare zu Berge stehen lassen. Genau mit diesen Ladungen luden nun die südkoreanischen Forscher kleine Stromspeicher, Kondensatoren, innerhalb weniger Minuten auf.

Statt unhandlicher Luftballons verwendeten Bae und Kollegen ein Stückchen Stoff von der Größe eines Smartphone-Displays und beschichteten dieses mit einer hauchdünnen Goldschicht als Elektrode. Diesen Wimpel befestigten sie neben einer starren Kunststoffplatte, auf die ebenfalls ein metallischer Film als Elektrode deponiert wurde. Zusätzlich legten sie auf diese Platte ein Polymer mit hoher Elektronenaffinität (Polytetrafluoroethylen). Dieses sogenannte triboelektrische Material begünstigte die Bildung von elektrostatischen Ladungen.

Flatterte der Strom-Wimpel nun im Wind, berührte er in schneller Folge die starre Kunststoffplatte. Bei jedem Kontakt entstanden elektrostatische Ladungen. Löste sich der Kontakt wieder, konnten diese Ladungen über die Elektroden abfließen und einen Kondensator aufladen. Für ihre Versuche stellten die Forscher ihren Strom-Wimpel in einen Windkanal und verfolgten das Flattern mit einer Hochgeschwindigkeitskamera. Auch der Fahrtwind eines Autos reichte aus, um einen Strom-Wimpel auf dem Autodach erfolgreich zu testen. Sehr hohe Windgeschwindigkeiten wie bei einem Orkan ließen den Wimpel nicht mehr gleichmäßig, sondern chaotisch flattern. Selbst unter diesen extremen Bedingungen konnte Strom gewonnen werden.

Mit dem kleinen Prototypen demonstrierten die Forscher, dass elektrostatische Ladungen trotz der geringen Stromausbeute zum Betrieb von kleinen Elektro-Geräten geeignet sind. Ein Vorteil gegenüber tragbaren Solarzellen ist der sehr einfache Aufbau und die Langzeitstabilität solcher Strom-Wimpel. Auch andere Forschergruppen nutzten bereits elektrostatische Ladungen für neuartige „Energie-Erntemaschinen“. Erst vor wenigen Monaten präsentierten Forscher vom Georgia Institute of Technology in Atlanta einen handgroßen triboelektrischen Generator, der aus elektrostatischen Ladungen bis zu 1,5 Milliwatt Strom lieferte. Dafür musste er allerdings permanent geschüttelt werden.

Grafik zum Aufbau des Strom-Wimpels

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