Wie sich Spermien und Eizellen erkennen

Neu entdeckte Andockstelle erleichtert die Suche nach neuartigen Verhütungsmitteln und Wirkstoffen zur Fruchtbarkeitsbehandlung
Eizellen von Mäusen nach Reagenzglasbefruchtung
Eizellen von Mäusen nach Reagenzglasbefruchtung
© Genome Research Limited
Hinxton (Großbritannien) - Wenn es ein Spermium endlich geschafft hat, bis zur Eizelle zu gelangen, steht es vor einem letzten Problem: Es muss mit der Eizelle verschmelzen. Die dafür zunächst notwendige Andockstelle haben britische Forscher jetzt identifiziert und „Juno“ genannt – nach der römischen Göttin der Geburt und Ehe. Dieses Protein und ein bereits bekanntes Protein auf der Oberfläche von Spermien passen zusammen wie Schlüssel und Schloss. Nur wenn sich beide verbinden, können sich männliche und weibliche Keimzelle vereinigen und neues Leben hervorbringen, berichten die Wissenschaftler im Fachjournal „Nature“. Die Aufklärung dieses fundamentalen biologischen Prozesses ermöglicht es, neue Methoden der Fruchtbarkeitsbehandlung und Empfängnisverhütung zu entwickeln.

„Noch wissen wir nicht, ob es Fälle von Unfruchtbarkeit bei Frauen gibt, die auf Mutationen im Juno-Gen beruhen“, schreibt Paul Wassarman von der Mount Sinai Medical School in New York in einem begleitenden Kommentar. Nach den Untersuchungen von Gavin Wright und seinen Kollegen vom Sanger Institute in Hinxton wäre das zu erwarten. Sie konnten erstmals zeigen, dass das Rezeptorprotein Juno als Bestandteil der Eizellmembran für eine Befruchtung unerlässlich ist. Eizellen von Mäusen, die das Protein nicht produzierten, konnten von gesunden Spermien nicht mehr befruchtet werden. Auch Eizellen von Schweinen und Menschen nutzen Juno als Andockstelle. Das Gegenstück auf Seiten des Spermiums ist das Protein Izumo-1, das schon 2005 entdeckt wurde. Ein fehlendes oder defektes Izumo-1 verursacht männliche Unfruchtbarkeit.

Die Bindung zwischen Juno und Izumo-1 ist notwendig, aber nicht ausreichend, um nachfolgend auch eine Verschmelzung der Keimzellen auszulösen; dazu müssen weitere, noch nicht vollständig aufgeklärte Reaktionen ablaufen. Juno spielt aber offenbar eine zusätzliche wichtige Rolle, wenn es darum geht, das Eindringen weiterer Spermien zu verhindern. Schon 40 Minuten nach der Befruchtung ist der Juno-Rezeptor vollständig aus der Eizellmembran verschwunden. In kürzester Zeit entledigt sich die Eizelle des nicht mehr benötigten Andockproteins. Das verringert die Gefahr einer Verschmelzung mit mehr als einem Spermium. Eine mehrfach befruchtete Eizelle könnte sich nicht weiterentwickeln.

Mit Hilfe der dreidimensionalen Molekülstruktur der Bindungsstelle sind die Forscher nun in der Lage, nach passgenauen Hemmstoffen zu suchen, die den Kontakt zwischen Juno und Izumo-1 verhindern. Das wäre die Grundlage für die Entwicklung neuer empfängnisverhütender Mittel. Andere Wirkstoffe, die eine Bindung erleichtern, könnten kinderlosen Paaren helfen und die Chancen einer Befruchtung erhöhen.

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