Wie sich Hefen für einen Sexpartner entscheiden

In kürzester Zeit erkennen Hefen durch ein Pheromon, ob ein geeigneter Paarungstyp in der Nähe ist
Bäckerhefe (Saccharomyces cerevisiae) im differentiellen Interferenzkontrast-Mikroskop
Bäckerhefe (Saccharomyces cerevisiae) im differentiellen Interferenzkontrast-Mikroskop
© Masur
Montreal (Kanada) - Es ist eine Alles-oder-Nichts-Entscheidung: Zur Wahl eines Paarungspartners spielen auch bei der Bäckerhefe chemische Signale eine wichtige Rolle. Die Entscheidung fällt, indem ein Pheromon einen molekularen Schalter aktiviert, wie kanadische Forscher jetzt herausgefunden haben. Aufgrund von Art und Konzentration des Botenstoffs wird eine Zellverschmelzung eingeleitet oder nicht. An dem Entscheidungsprozess sind Proteine beteiligt, die es in ähnlicher Form auch bei Säugetieren gibt. Dort sind sie Teil einer Reaktionskette, die beispielsweise bestimmt, wie sich eine Stammzelle entwickelt. Ein Defekt eines solchen molekularen Schalters bei anderen Zellen könnte eine Ursache von Krankheiten sein, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal "Nature".

"Auch wenn sich Hefen und Menschen wesentlich voneinander unterscheiden, gibt es auf molekularer und zellulärer Ebene doch viele Gemeinsamkeiten. Ähnlich wie Hefen treffen auch Stammzellen während der Entwicklung des Embryos Entscheidungen, und bei Krebs ist dieser Mechanismus gestört", sagt Stephen Michnick von der Université de Montréal. Sein Forscherteam untersuchte einen wichtigen Prozess im Lebenszyklus der einzelligen Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae. Von den Zellformen mit halbem Chromosomensatz, die sich paaren können, gibt es zwei Paarungstypen (a und alpha), die verschiedene Pheromone freisetzen. Nur unterschiedliche Zelltypen können miteinander verschmelzen.

Überschreitet die Konzentration des Pheromons eines geeigneten Sexpartners einen kritischen Wert, verändert sich das Protein Ste5: Durch die Aktivität zweier Enzyme, von denen eines Phosphatgruppen abspaltet und das andere Phosphatgruppen anhängt, liegt Ste5 mit mehr oder weniger Phosphaten gebunden vor. Das Pheromon blockiert eines der Enzyme, so dass die phosphatfreie Form von Ste5 überwiegt und den Paarungsprozess einleiten kann. Die Entscheidung darüber fällt innerhalb von nur zwei Minuten. "Die Vorgänge zur Einleitung der Paarung sind sehr energieaufwändig. Sie werden nur durch den passenden Paarungstyp ausgelöst, der sehr nahe ist", sagt Vahid Shahrezaei, ein Mitglied des Forschungsteams. Die bei den Hefen erzielten Ergebnisse könnten als Modell für ähnliche Entscheidungsprozesse anderer Zellen dienen.

Die Hefen können sich als Zellen mit halbem oder ganzem Chromosomensatz vermehren. Nur erstere sind zu einer Verschmelzung fähig. Beide Zellformen können sich auch asexuell durch Sprossung vermehren, indem sich eine Tochterzelle abschnürt, die genetisch mit der Mutterzelle identisch ist.

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Quelle: "The scaffold protein Ste5 directly controls a switch-like mating decision in yeast" Mohan K. Malleshaiah et al., Nature, Online-Publikation, DOI: 10.1038/nature08946


 

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