Wie sich Hefen für einen Sexpartner entscheiden
"Auch wenn sich Hefen und Menschen wesentlich voneinander unterscheiden, gibt es auf molekularer und zellulärer Ebene doch viele Gemeinsamkeiten. Ähnlich wie Hefen treffen auch Stammzellen während der Entwicklung des Embryos Entscheidungen, und bei Krebs ist dieser Mechanismus gestört", sagt Stephen Michnick von der Université de Montréal. Sein Forscherteam untersuchte einen wichtigen Prozess im Lebenszyklus der einzelligen Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae. Von den Zellformen mit halbem Chromosomensatz, die sich paaren können, gibt es zwei Paarungstypen (a und alpha), die verschiedene Pheromone freisetzen. Nur unterschiedliche Zelltypen können miteinander verschmelzen.
Überschreitet die Konzentration des Pheromons eines geeigneten Sexpartners einen kritischen Wert, verändert sich das Protein Ste5: Durch die Aktivität zweier Enzyme, von denen eines Phosphatgruppen abspaltet und das andere Phosphatgruppen anhängt, liegt Ste5 mit mehr oder weniger Phosphaten gebunden vor. Das Pheromon blockiert eines der Enzyme, so dass die phosphatfreie Form von Ste5 überwiegt und den Paarungsprozess einleiten kann. Die Entscheidung darüber fällt innerhalb von nur zwei Minuten. "Die Vorgänge zur Einleitung der Paarung sind sehr energieaufwändig. Sie werden nur durch den passenden Paarungstyp ausgelöst, der sehr nahe ist", sagt Vahid Shahrezaei, ein Mitglied des Forschungsteams. Die bei den Hefen erzielten Ergebnisse könnten als Modell für ähnliche Entscheidungsprozesse anderer Zellen dienen.
Die Hefen können sich als Zellen mit halbem oder ganzem Chromosomensatz vermehren. Nur erstere sind zu einer Verschmelzung fähig. Beide Zellformen können sich auch asexuell durch Sprossung vermehren, indem sich eine Tochterzelle abschnürt, die genetisch mit der Mutterzelle identisch ist.