Wie menschengemachter Lärm den Walgesang beeinflusst

Schall von Sonar und Schiffen verändert das Verhalten der Meeressäuger, selbst wenn er nicht in den von ihnen genutzten Frequenzen liegt
San Diego (USA) - Vom Menschen produzierter Lärm beeinflusst, wie Blauwale rufen. Klingt Sonar-Schall mittlerer Frequenzen durchs Meer, so geben die Tiere seltener Laute von sich, bei Schiffslärm hingegen häufiger. Das ist sogar dann der Fall, berichten US-Biologen, wenn die Geräusche außerhalb der von den Meeresriesen selbst genutzten Frequenzbereiche liegen. Die Verhaltensänderungen sind deutlich, schreiben die Forscher im Fachblatt „PLoS ONE”.

„Unseres Wissens gibt es keine veröffentlichten Studien, die den Einfluss menschlichen Lärms in mittleren Frequenzbereichen auf Blauwale thematisieren, bei denen die Frequenzen der Lärmquellen und die der Wale nicht überlappen“, schreiben Mariana Melcon von der University of California in San Diego und ihre Kollegen. Mehr Forschungsarbeit sei notwendig, um die Auswirkungen menschengemachten Lärms auf das einzelne Individuum und ganze Populationen zu verstehen. In der Southern California Bight hatten die Biologen im Sommer 2009 und 2010 die Rufe von Blauwalen (Balaenoptera musculus) sowie Umgebungsgeräusche aufgezeichnet. Sie verglichen, wie wahrscheinlich Lautäußerungen der Meeressäuger unter verschiedenen Umständen waren: unter ungestörten Bedingungen, allein mit in der Natur vorkommenden Geräuschen wie Wind, Regen oder Delfinrufen, sowie in Anwesenheit von Schall, der von Schiffen und durch Sonar mittlerer Frequenzen zwischen ein und acht Kilohertz produziert wird.

Die Ergebnisse belegen deutlich, dass Blauwale auch auf Frequenzen reagieren, die jenseits der von ihnen selbst genutzten Bereiche liegen. Bei Sonar-Lärm sank die Wahrscheinlichkeit, dass die Tiere Laute ausstießen. Je näher die Lärmquelle lag, desto stärker war ihr Einfluss. Bei allgemeinem Schiffslärm in der Nähe der Meeressäuger hingegen stieg die Wahrscheinlichkeit für Lautäußerungen. Diese Reaktionen waren dabei unabhängig von der Tageszeit.

Viele Wale nutzen für Kommunikation und Orientierung akustische Signale in tiefen Frequenzbereichen. Diese langwelligen Töne können noch über hunderte von Kilometern wahrgenommen werden und damit sogar Kontakt über lange Distanzen ermöglichen. Von Menschen erzeugter Lärm in den Ozeanen – etwa durch Sonar oder Schiffspropeller und -motoren – liegt zum Teil in genau diesen Frequenzbereichen. Dieser Krach steht daher im Verdacht, das System der Meeressäuger empfindlich stören zu können. Erst kürzlich hatten US-Biologen anhand von Kot-Analysen belegen können, dass Schifffahrtlärm Glattwalen merklichem Stress aussetzt. Die neue Studie zeigt nun, dass sogar Lärm in Frequenzbereichen außerhalb der von den Tieren selbst genutzten Frequenzen deren Verhalten beeinflusst.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: „Blue Whales Respond to Anthropogenic Noise”, Melcon ML, Cummins AJ, Kerosky SM, Roche LK, Wiggins SM, et al.; PLoS ONE, DOI:10.1371/journal.pone.0032681


 

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