Wie ein verbreitetes Pestizid Bienenvölker schwächt

Nach Aufnahme des Insektizids Imidacloprid sammeln Bienen weniger Nektar und informieren andere nicht mehr ausreichend über Nahrungsquellen
Schlüpfende Honigbiene
Schlüpfende Honigbiene
© Abalg (gemeinfrei)
La Jolla (USA) - Wird das verbreitet eingesetzte Pestizid Imidacloprid von Bienen aufgenommen, stört es deren Lern- und Gedächtnisleistung. Diese schädliche Wirkung haben amerikanische Biologen jetzt genauer untersucht. Das als Nervengift wirkende Insektizid machte die Bienen wählerischer: Sie sammelten nur noch Nektar mit hohem Zuckergehalt. Außerdem informierten die geschädigten Bienen per Schwänzeltanz deutlich weniger Mitbewohner des Stockes über die Lage einer Nahrungsquelle, schreiben die Forscher im „Journal of Experimental Biology“. Beide Verhaltensänderungen verschlechtern die Versorgung eines Bienenvolks mit Nektar und könnten die Anfälligkeit für Krankheiten erhöhen.

„Der Kontakt mit Pestizidmengen, die früher als ungefährlich galten, könnte die Gesundheit von Honigbienenkolonien negativ beeinflussen“, sagt James Nieh von der University of California in San Diego. Imidacloprid soll Nutzpflanzen vor Schadinsekten schützen, indem es deren Nervensystem angreift. Die Substanz lagert sich an dieselben Kontaktstellen von Nervenzellen, die normalerweise durch den Botenstoff Acetylcholin aktiviert werden. Zusammen mit Daren Eiri testete Nieh in Laborversuchen zunächst die Reaktion von Bienen auf Lösungen mit unterschiedlichem Zuckergehalt. Dazu tauchten sie die Fühler der Insekten in die Testlösungen ein und beobachteten, ob daraufhin die Mundwerkzeuge zur Nahrungsaufnahme vorgestreckt wurden. Bienen, denen eine Stunde zuvor eine geringe Menge des Pestizids verabreicht worden war, reagierten erst bei viel höheren Zuckerkonzentrationen als andere. Dieser Effekt hielt nach einmaligem Pestizidkontakt nur einige Stunden an. Wenn Bienen schwach zuckerhaltige Säfte nicht mehr zur Ernährung nutzen würden, entginge ihnen ein großer Teil möglicher Nahrungsquellen.

In einer zweiten Versuchsreihe registrierten die Forscher das Verhalten von Sammlerinnen, die nach Aufnahme von Zuckerlösung in ihren Stock zurückkehrten. Am Tag zuvor mit Imidacloprid behandelte Bienen vollführten den Schwänzeltanz, der anderen den Weg zu einer neuen Nahrungsquelle weist, vier- bis zehnmal seltener als unbehandelte Bienen. Wenn solche wichtigen Informationen aber nicht mehr weitergegeben werden, schwächt das die Versorgung des Bienenvolkes mit Nahrung. Die Forscher vermuten, dass der nachgewiesene Kurz- und Langzeiteffekt des Insektizids auf unterschiedlichen Mechanismen beruht. Noch ist nicht geklärt, welche Rolle der Einsatz derartiger Pestizide bei dem seit einigen Jahren beobachteten Massensterben von Bienenvölkern spielt.

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Quelle: „A nicotinic acetylcholine receptor agonist affects honey bee sucrose responsiveness and decreases waggle dancing“, Daren M. Eiri & James C. Nieh, Journal of Experimental Biology; DOI: 10.1242/jeb.068718


 

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