Wie Würfelquallen navigieren

Quallen in Mangrovesümpfen orientieren sich an Blätterdach und Stützwurzeln der Bäume
Kopenhagen (Dänemark) - Tropische Würfelquallen benutzen 4 ihrer 24 Augen zur Navigation: Sie blicken damit über die Wasseroberfläche hinaus und erkennen Bäume und Wurzeln, an denen sie sich im trüben Mangrovensumpf orientieren. Die Quallen sind so in der Lage, eine für den Nahrungserwerb optimale Wasserzone anzusteuern, berichten dänische Biologen. Es sei erstaunlich, dass diese lediglich einen Zentimeter großen Tiere, die nur ein einfaches Nervensystem entwickelt haben, zu einem so komplexen Verhalten fähig sind, schreiben die Forscher im Fachblatt "Current Biology" (doi: 10.1016/j.cub.2011.03.054). Möglich werde diese Sinnesleistung wahrscheinlich dadurch, dass die unterschiedlichen Augentypen der Quallen auf jeweils nur eine Aufgabe spezialisiert sind.

"Würfelquallen verfügen nicht wie die meisten anderen Tiere über ein einzelnes Augenpaar, das vielfältige Funktionen übernimmt. Stattdessen besitzen sie mehrere unterschiedliche Typen von Augen mit jeweils ganz speziellen Aufgaben", sagt Anders Garm von der Universität Kopenhagen, der Leiter des Forscherteams. Die ungewöhnliche Organisation der Sehorgane ermöglicht komplexe Sinnesleistungen auch ohne Signalverarbeitung durch ein großes Gehirn. Die oberen Linsenaugen der Qualle Tripedalia cystophora seien ein Beispiel dafür, so Garm. Ihre einzige Aufgabe besteht darin, unabhängig von der Körperlage des Tieres visuelle Signale von oben zu empfangen.

Navigationssystem mit einfachsten Mitteln

Die untersuchten Quallen leben in Mangroven-Küstengewässern. Nur in einem etwa zwei Meter breiten Bereich an der Grenze zum offenen Meer finden sie ein ausreichendes Angebot an Beute, die aus Kleinkrebsen und Fischlarven besteht. Bisher war unbekannt, wie sie diese Wasserzone gezielt ansteuern können. Garm und seine Kollegen konnten zunächst ausschließen, dass ein Sonnenkompass oder der Blick durchs trübe Wasser dabei behilflich sind. Freilandexperimente an karibischen Küsten zeigten dagegen, dass die Tiere sich an Strukturen außerhalb des Wassers - an den Bäumen und deren Stützwurzeln - orientieren. Dazu nutzen sie nur einen ihrer vier verschiedenen Augentypen.

Die wegen ihres würfelförmigen Schirms so genannten Würfelquallen haben im unteren Bereich jeder der vier Seitenflächen eine Ansammlung von Sehorganen ausgebildet, die aus jeweils sechs separaten Augen bestehen: ein oberes und ein unteres Linsenauge sowie zwei schlitzförmige und zwei grubenförmige Pigmentaugen. Die Forscher stellten fest, dass die vier oberen Linsenaugen auch in Quer- oder Kopflage der Quallen immer so ausgerichtet waren, dass sie optische Signale von Strukturen über der Wasseroberfläche empfangen können. Das ermöglicht es den Tieren, eine ganz bestimmte Entfernung vom Ufer einzuhalten. War die Sicht nach oben versperrt, wurden sie orientierungslos. Die Forscher wollen nun herausfinden, wie das sehr einfach aufgebaute Nervensystem der Quallen diese Sinnesleistung ermöglicht. Bisher, so Garm, hat man die Tiere in dieser Hinsicht wohl unterschätzt.

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Quelle: "Box Jellyfish Use Terrestrial Visual Cues for Navigation", Anders Garm et al.; Current Biology, Online-Publikation, doi: 10.1016/j.cub.2011.03.054


 

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