Wie Masern-Viren Krebszellen zerstören

Bestimmte Arten von Tumorzellen produzieren ein Protein, das den Viren das Eindringen ermöglicht
Brustkrebszellen bilden große Mengen an Nectin-4 (gelb), Zellkerne sind blau gefärbt.
Brustkrebszellen bilden große Mengen an Nectin-4 (gelb), Zellkerne sind blau gefärbt.
© Christopher Richardson, Dalhousie University
Halifax (Kanada) - Bei einer Maserninfektion befallen die Viren neben Immunzellen auch Zellen der Atemwege. Jetzt haben kanadische Forscher ein zweites Protein identifiziert, das den Viren dabei als Andockstelle dient. Überraschenderweise ist dieses Protein, Nectin-4, als sogenannter Tumormarker bekannt, der von mehreren Arten von Krebszellen in großer Menge gebildet wird. Daher könnten sich Masern-Viren dazu eignen, bei der gezielten Zerstörung von Tumoren in Lunge, Brust, Darm und Eierstöcken zu helfen, schreiben die Wissenschaftler im Online-Journal "PLoS Pathogens".

Wenn Masern-Viren Zellen des Immunsystems befallen, nutzen sie das Oberflächenprotein CD150 zum Andocken. Doch um in Zellen der Atemwege einzudringen, ist die Bindung an ein anderes Protein nötig. Dessen Nachweis gelang den Forschern um Christopher Richardson von der kanadischen Dalhousie University über den Umweg von Infektionsversuchen mit Krebszellen. Die Wissenschaftler hatten mit Hilfe der Gen-Chip-Technik untersucht, in welchen Genen sich Krebszellen, die für Masern-Viren anfällig sind, von resistenten Krebszellen unterscheiden. Dabei zeigte sich, dass nur solche Zellen von den Viren befallen werden können, die auf ihrer Oberfläche das Protein Nectin-4 produzieren. Dazu zählten Krebszellen von Lungen-, Brust-, Darm- und Eierstocktumoren. War das als Tumormarker bekannte Protein durch Antikörper blockiert oder wurde seine Produktion durch sogenannte RNA-Interferenz verhindert, war auch keine Virusinfektion mehr möglich.

"Vor einem Einsatz beim Menschen muss das Virus noch genetisch verändert werden, damit es sich in gesunden Zellen nicht mehr vermehren kann", sagt Richardson. Verglichen mit den Krebszellen bilden die normalen Zellen der Lungen und oberen Atemwege deutlich weniger Nectin-4, das zudem auch schwerer zugänglich ist. Die Forscher haben bereits mit Versuchen begonnen, Masern-Viren zur Behandlung von Tumoren bei Mäusen einzusetzen.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Tumor Cell Marker PVRL4 (Nectin 4) Is an Epithelial Cell Receptor for Measles Virus", Ryan S. Noyce et al.; PLoS Pathogens, doi: 10.1371/journal.ppat.1002240


 

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