Wie Darmbakterien vor Infektionen schützen

Darmzellen dämpfen die Immunabwehr und ermöglichen so das Wachstum der nützlichen Bakterien, die das Eindringen von Krankheitserregern erschweren
Bakterien im Darm schützen vor Infektionen durch kontaminierte Lebensmittel.
Bakterien im Darm schützen vor Infektionen durch kontaminierte Lebensmittel.
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Vancouver (Kanada) - Um Darminfektionen zu verhindern, genügt es nicht, wenn die Immunabwehr Krankheitserreger bekämpft. Mindestens genauso wichtig ist es, das Wachstum normaler Darmkeime zu fördern. Das bestätigen jetzt Untersuchungen kanadischer Forscher an Mäusen. Sie fanden heraus, dass die Zellen der gesunden Darmschleimhaut ein Protein produzieren, welches die angeborene Immunabwehr dämpft und damit die Darmbakterien vor Angriffen bewahrt. So kann sich eine artenreiche Darmflora entwickeln, die eine „feindliche Übernahme“ durch eindringende Infektionserreger verhindert. Fehlt das regulierende Protein, sinkt die Zahl nützlicher Darmbakterien und die Anfälligkeit für Infektionen steigt. Die Produktion des Proteins zu verstärken, könnte eine Möglichkeit sein, chronisch entzündliche Darmerkrankungen zu behandeln, schreiben die Mediziner im Fachblatt „PLOS Pathogens“.

„Unser Immunsystem ist wirklich nicht sehr gut darin, Lebensmittelinfektionen zu verhindern. Aber wir können uns auf unsere Darmbakterien verlassen, die uns vor vielen Krankheitserregern schützen“, erklären die Forscher um Bruce Vallance von der University of British Columbia in Vancouver. Wenn diese partnerschaftliche Beziehung beispielsweise durch Einnahme von Antibiotika gestört werde, wachse bekanntlich das Risiko für Darminfektionen. Bei Kontakt mit Bakterien lösen die Zellen der Darmschleimhaut – wie andere Zellen des Körpers auch – Abwehrreaktionen des angeborenen Immunsystems aus. Diese werden aber im Darm unterdrückt: durch das Protein SIGIRR, das die Darmzellen selbst produzieren. SIGIRR ist ein Rezeptor an der Zelloberfläche, der eine Signalübertragung durch den Botenstoff Interleukin-1 hemmt.

Bei Mäusen, die das hemmende Protein nicht mehr bilden konnten, verstärkten sich Entzündungs- und Abwehrreaktionen. Überraschenderweise waren solche Tiere aber trotz überaktiver Immunabwehr nicht besser geschützt vor Infektionen mit Salmonellen oder anderen Erregern. Vielmehr verringerte sich die Zahl der normalen Darmkeime, was eine Darminfektion begünstigte. Diese Ergebnisse zeigen, so die Forscher, dass eine übersteigerte antibakterielle Aktivität von Darmzellen die natürliche Schutzfunktion der Darmbakterien schwächt. Die Autoren halten es für möglich, dass Wirkstoffe, die das SIGIRR-Protein stimulieren, Patienten mit chronischen Darmentzündungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa helfen könnten.

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