Wer depressiv ist, wird eher gemobbt

Depressionen bei Kindern stören langfristig Aufbau und Aufrechterhaltung von Beziehungen
Depressive Kinder werden eher gemobbt als andere
Depressive Kinder werden eher gemobbt als andere
© gemeinfrei, Elmar Ersch
Phoenix (USA) - Kinder, die sich mit Gleichaltrigen nicht gut verstehen, sind eher depressiv. Nun fanden US-Forscher heraus, dass Depressionen keine Folge zwischenmenschlicher Probleme sind, sondern ihnen vorausgehen. Bislang hatten Experten angenommen, dass schlechte Beziehungen zu anderen eine der Ursachen für die Erkrankung sind. Die Studienergebnisse zeigen jedoch, dass eine bereits vorhandene Depression diese zwischenmenschlichen Probleme erst verursacht und so langfristig zur Störung sozialer Beziehungen beiträgt. Depressive Kinder werden demnach besonders häufig von Gleichaltrigen gemobbt, wie die Psychologen im Fachblatt „Child Development“ berichten.

„Diese Befunde lassen vermuten, dass depressive Symptome im Kindesalter nicht nur kurzfristige Auswirkungen auf deren soziale Beziehungen haben, sondern langfristig die Reifung und Aufrechterhaltung von Beziehungen stört“, schreiben die Wissenschaftler. In ihrer Langzeitstudie hatte das Team um Karen Kochel von der Arizona State University fast 500 Kinder von der vierten bis zur sechsten Klasse einmal im Jahr untersucht. Deren Eltern und Lehrer schätzen depressive Symptome bei den Kindern ein und gaben an, ob sie von anderen gemobbt wurden. Dazu zählten körperliche Angriffe, Lästern, Hänseln und Provokation durch Mitschüler. Alle Kinder wurden zusätzlich befragt, ob sie selbst gemobbt wurden und welche ihrer Klassenkameraden sie am meisten und welche am wenigsten mochten. Anhand dieser Daten konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die depressiven Symptome in der vierten Klasse das Ausmaß des Mobbing in der fünften Klasse vorhersagten. Mobbing in der fünften Klasse wiederum ließ eine Vorhersage darüber zu, wie beliebt oder unbeliebt die Kinder in der sechsten Klasse waren.

Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass Depressive häufig Defizite in ihrer sozialen Kompetenz haben. Wie die Forscher vermuten, tragen diese Defizite recht schnell zu ablehnenden oder aggressiven Reaktionen Gleichaltriger bei. Die depressiven Kinder ziehen sich daraufhin entweder zurück um Konflikte mit anderen zu vermeiden, oder sie verbleiben in Beziehungen, in denen sie gemobbt werden. Beides trägt dazu bei, dass depressive Kinder langfristig wenig intakte und unterstützende Beziehungen zu Gleichaltrigen aufbauen. Besonders bei Kindern an der Schwelle zur Pubertät, für die gute Beziehungen zu Gleichaltrigen eine große Bedeutung haben, sei dies fatal für die weitere Entwicklung, so die Psychologen. Sie schlagen deshalb vor, in der Prävention und Behandlung depressiver Kinder besonders auf Defizite in der sozialen Kompetenz einzugehen.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Longitudinal Associations Among Youths’ Depressive Symptoms, Peer Victimization,and Low Peer Acceptance: An Interpersonal Process Perspective", Karen P. Kochel et al.; Child Development, http://www.eurekalert.org/emb_releases/2012-02/sfri-dfd020112.php


 

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