Wenn’s ein Junge wird: Verstärkter Ekel in der Schwangerschaft

Wenn sich ein männlicher Fötus entwickelt, sind Frauen in den ersten sechs Monaten anfälliger für Ekelgefühle und Übelkeit als bei weiblichem Nachwuchs
In der Schwangerschaft verstärken sich Ekelgefühle und Anfälle von Übelkeit.
In der Schwangerschaft verstärken sich Ekelgefühle und Anfälle von Übelkeit.
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Wroclaw (Polen) - Zu Beginn der Schwangerschaft verstärken sich bei den meisten Frauen Ekelgefühle. Empfindlicher als sonst reagieren sie auf bestimmte Speisen und Gerüche mit Übelkeit und Erbrechen. Das wählerische Verhalten beim Essen könnte sich ursprünglich als Vorsichtsmaßnahme zum Schutz vor Infektionen durch verdorbene Lebensmittel entwickelt haben. Denn die Immunabwehr ist in dieser Phase der Schwangerschaft geschwächt, damit der Fötus nicht abgestoßen wird. Polnische Biologen haben jetzt bestätigt, dass die Ekelgefühle in den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft am stärksten sind. Zudem sind sie intensiver und dauern länger an, wenn männlicher Nachwuchs heranwächst, berichten die Forscher im Fachblatt „Physiology & Behavior”. Das sei möglicherweise auf Unterschiede im Hormonhaushalt bei Frauen mit männlichen und weiblichen Föten zurückzuführen.

„Es ist möglich, dass die Effekte noch stärker gewesen wären, wenn wir die Frauen tatsächlich mit ekelerregenden Objekten konfrontiert hätten“, schreiben Agnieszka Żelaźniewicz und Bogusław Pawłowski von der Universität Breslau (Wroclaw). Für ihre Studie setzten sie standardisierte Fragebögen ein, um bei 92 schwangeren Frauen die Empfindlichkeit für Ekelgefühle zu ermitteln. Dabei mussten die Testpersonen Aussagen kommentieren, die in Zusammenhang mit Essen und Hygiene standen. Es ging beispielsweise um den Geruch verdorbener Nahrungsmittel, Erbrechen und schleimigen Husten oder den Anblick von Ratten und Schaben. Dieser Test wurde im ersten, zweiten und dritten Drittel der Schwangerschaft durchgeführt. Als Kontrolle diente eine weitere Befragung einen Monat nach der Geburt. Die Frauen waren 21 bis 40 Jahre alt, die meisten erwarteten ihr erstes Kind.

Das Ausmaß der Ekelgefühle war während der Schwangerschaft größer als nach der Geburt mit einem Maximum während der ersten drei Monate. In dieser Zeit ist auch die Aktivität der Immunabwehr am schwächsten, damit die besonders empfindlichen ersten Entwicklungsschritte des beginnenden Lebens nicht gefährdet werden. Ansonsten würde das Immunsystem das Gewebe des Kindes als fremd erkennen und abstoßen. Die verstärkte Abneigung gegenüber manchen Speisen und mangelnder Hygiene schützt Frau und Kind, indem sich das Risiko einer Infektion durch verdorbene Lebensmittel verringert. Gegen Ende der Schwangerschaft lassen Ekel und Übelkeit nach; die Immunabwehr kann sich wieder normalisieren, denn das Ungeborene hat begonnen, ein eigenes Immunsystem zu entwickeln.

Es gibt aber Unterschiede, die mit dem Geschlecht des Kindes zusammenhängen. Werdende Mütter eines Jungen hatten intensivere Ekelgefühle als diejenigen von Mädchen. Zudem hielt dieser Zustand auch im zweiten Drittel der Schwangerschaft noch an. Als mögliche biologische Erklärung dafür nennen die Autoren, dass männliche Föten gefährdeter sind als weibliche. Sie reagieren empfindlicher auf unterschiedliche Arten von Stress, sie wachsen schneller und benötigen mehr Energie. Daher beeinflusst ein männlicher Fötus das Essverhalten – inklusive Ekelgefühl und Übelkeit – stärker und länger als ein weiblicher. Bei Frauen, die mit einem Jungen schwanger sind, steigt schon früh der Testosteronspiegel an. Und im zweiten Drittel der Schwangerschaft ist auch der Cortisolspiegel erhöht. Beide Hormone wirken dabei mit, das Immunsystem zu unterdrücken und könnten auch für die verstärkten Ekelgefühle verantwortlich sein.

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