Wenn Mikroben Uran fressen
„Wie sollen wir diese Mikroorganismen einordnen, nun da wir ihr Erbgut so einfach vergleichen können?“, überlegt Studienleiter Robert Kelly. „Nach der klassischen Definition sind sie keine verschiedenen Arten, weil ihr Erbgut praktisch identisch ist. Aber sie verhalten sich sehr unterschiedlich, wenn sie Stress ausgesetzt sind.“ Die Forscher vermuten, dass die Thüringer Mikrobe ein Abkömmling der anderen Art ist. Nur wenige Mutationen im Erbgut sind dafür verantwortlich, dass sie gänzlich anders auf Uran reagiert. Sobald aber das Schwermetall für eine Stunde aus ihrer Umgebung entfernt ist, nimmt sie ihren Stoffwechsel wieder auf.
Beide Metallosphaera-Arten wurden zuerst vom Regensburger Karl Stetter entdeckt. Sie gehören zu den sogenannten Archaeen, früher als Archaebakterien bezeichnet; dies sind einzellige und uralte Lebensformen, die erst seit den 1970er Jahren bekannt sind. Viele dieser Arten sind an extreme Lebensbedingungen angepasst. Die Tatsache, dass eine Mikrobe Uran zur Energiegewinnung verwerten kann, ist aber bislang einzigartig. Dabei ändert sie die chemische Zusammensetzung des Uranerzes. Die Forscher spekulieren, dass diese Eigenschaft sich eventuell sogar dazu nutzen ließe, Uran aus dem Erdreich zu lösen. Heute wird im Uranbergbau zunehmend ein als „Leaching“ bekanntes Verfahren eingesetzt, bei dem Uran mit Schwefelsäure aus dem Erz gespült wird. Dabei werden auch andere Schwermetalle ausgeschwemmt und können den Untergrund kontaminieren. Mithilfe der Mikroben könnte sich das aber vermeiden lassen, vermutet Kelly: „Bioleaching könnte eine neue Methode sein, Uran abzubauen, indem man Mikroorganismen benutzt, die es aus dem Erz lösen.“