Wenn Kinder nur mal am Weinchen nippen

US-Statistik: Wer bei den Eltern Alkohol kosten darf, greift als Teenager eher zu einem Drink oder trinkt sogar exzessiv
Für manche Jugendliche ist Alkohol verführerisch.
Für manche Jugendliche ist Alkohol verführerisch.
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Providence (USA) - Manche Eltern lassen ihre Kinder ab und an unter ihrer Aufsicht an einem Glas Wein oder Bier nippen. Die Idee dahinter: Die Kinder erfahren, was verantwortungsbewusster Genuss in Maßen bedeutet, und Alkohol wird weniger interessant. Wenn der erste Kontakt mit Alkohol also unter diesen kontrollierten Bedingungen geschieht statt später unkontrolliert mit Freunden, so die Hoffnung, verringert dies das Risiko für späteren übermäßigen Alkoholgenuss. Allerdings ist die Idee nicht ganz unumstritten – tatsächlich könnte auch genau das Gegenteil das Fall sein. Diese Befürchtung bestätigt jetzt auch eine Studie, die US-Forscher im „Journal of Studies on Alcohol and Drugs“ präsentieren. Demnach greift, wer im Alter von elf Jahren bei den Eltern Alkohol kosten durfte, wenige Jahre später beinahe fünfmal häufiger selbst zu Alkohol als diejenigen, die das nicht durften. Ebenfalls deutlich häufiger läuft dieser Alkoholgenuss sogar aus dem Ruder, endet mit Trunkenheit oder Komasaufen. Auch wenn sie andere Einflussfaktoren bei ihren Berechnungen berücksichtigten, betonen die Forscher, dass lediglich ein statistischer Zusammenhang bestehe und ein ursächlicher keineswegs erwiesen sei. Der kontrollierte Kontakt zu Alkohol muss also nicht zwingend der Grund für das höhere Risiko sein. Ob sich diese Ergebnisse auch auf die Trinkgewohnheiten in anderen Ländern übertragen lassen, war nicht Gegenstand der Studie.

„Wir wollen gar nicht versuchen, zu sagen, ob es in Ordnung ist oder nicht, wenn Eltern das erlauben“, erläutert Kristina Jackson vom Center for Alcohol and Addiction Studies an der Brown University. Dennoch gibt sie zu bedenken, dass die kleinen Kostproben für Kinder keine eindeutige Nachricht darstellten: „In diesem Alter könnten manche Kinder Schwierigkeiten haben, den Unterschied zwischen einem Schlückchen Wein und einem ganzen Bier zu verstehen.“ Die Forscher hatten Daten von 561 Jungen und Mädchen ausgewertet, die an einer internetbasierten Studie zum Thema früher Kontakt mit Alkohol teilgenommen hatten. Die erste Befragung fand in der sechsten Klasse, im Alter von etwa elf Jahren statt. Im Laufe von rund drei Jahren – bis zur neunten Klasse – beantworteten die Teilnehmer mehrfach jährlich detaillierte Fragen rund um das Thema Alkoholkonsum. Darunter waren zum Beispiel Angaben darüber, ob beziehungsweise in welchem Alter sie schon einmal Alkohol probiert hatten, um welche Sorte Alkohol es sich handelte, und ob und von wem sie ihn angeboten bekommen hatten.

Im Detail zeigte sich: Bei Jugendlichen, die bis zu einem Alter von etwa elf Jahren an Alkohol nippen durften, war das Risiko, sich drei Jahre später auch mal ein ganzes Glas oder sogar mehr zu genehmigen, deutlich höher als bei Altergenossen, die nicht genippt hatten: 26 Prozent verglichen mit 5,5 Prozent. Auch die Wahrscheinlichkeit, betrunken zu sein oder an einem Besäufnis beteiligt zu sein, war eindeutig erhöht: 8,9 Prozent von denjenigen, die genippt hatten, gegenüber 1,8 Prozent derjenigen, die nicht genippt hatten. Auch wenn die Forscher andere mögliche Einflussfaktoren wie Alkoholkonsum der Eltern oder die Impulsivität der Kinder in die Berechnungen einbezogen, blieb dieser Zusammenhang stabil. Am häufigsten hatten Kinder der Erhebung zufolge übrigens bei Mutter oder Vater kosten dürfen und zwar in den meisten Fällen Bier oder Wein beziehungsweise Sekt.

Sollten Eltern ihrem Kind bereits erlaubt haben, Wein oder Bier zu kosten, sollten sie aber nicht gleich in Panik verfallen. „Wir sagen nicht, dass Ihr Kind dann dem Untergang geweiht ist“, beruhigt Jackson. Sie meint allerdings, dass die Ergebnisse untermauern, wie wichtig es ist, Kindern klare und konsequente Aussagen zum Thema Trinken zu geben. Außerdem solle man sicherstellen, dass Alkoholika im Haushalt nicht zugänglich sind.

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Quelle: „The prospective association between sipping alcohol by the sixth grade and later substance use”, K. M. Jackson, et al.; Journal of Studies on Alcohol and Drugs, 76(2), 212-221.


 

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