Wenn Blüten täuschen: Erfahrene Hummelfliegen erkennen den Betrug

Mit der Zeit fallen männliche Insekten nicht mehr auf Blüten herein, die ihnen die Anwesenheit eines Weibchens vorgaukeln
Männliche Hummelfliege sucht im Blütenstand des Korbblütlers Gorteria diffusa nach einem Weibchen.
Männliche Hummelfliege sucht im Blütenstand des Korbblütlers Gorteria diffusa nach einem Weibchen.
© Ethan Newman
Stellenbosch (Südafrika) - Um Insekten als Bestäuber anzulocken, setzen Blütenpflanzen auch sehr ungewöhnliche Mittel ein. So ahmen einige mit ihren Blütenblättern Merkmale weiblicher Insekten nach, die anziehend auf die Männchen wirken. Dieser Betrug schadet den Insekten, da sie durch sinnlose Paarungsversuche Zeit und Energie verschwenden. Südafrikanische Biologen konnten aber jetzt nachweisen, dass die Betrogenen lernfähig sind: Nachdem ein Männchen mehrmals auf den Trick der Pflanze hereingefallen ist, lässt es sich nicht mehr so leicht täuschen, berichten die Forscher im Fachblatt „Proceedings of the Royal Society B”. Diese Pflanzen mussten wohl im Lauf der Evolution ihre Täuschung immer wieder verbessern, nachdem die Insekten gelernt hatten, den Betrug zu durchschauen.

„Es sieht für die betrogenen Männchen doch wenigstens nicht ganz hoffnungslos aus“, schreiben Marinus de Jager und Allan Ellis von der Stellenbosch University. Sie beobachteten das Verhalten von Megapalpus capensis, einer Fliegenart aus der Familie der Wollschweber. Sowohl Weibchen als auch Männchen dieser hummelähnlichen Insekten besuchen den Blütenstand des Korbblütlers Gorteria diffusa und ernähren sich von Pollen und Nektar. Um eine effektive Bestäubung sicherzustellen, müssen die Pflanzen Männchen anlocken und deren Paarungsverhalten auslösen. Als Lockmittel dienen Zungenblüten mit dunklen Flecken, deren Strukturen Erkennungsmerkmale des Weibchens simulieren. Das Männchen, das ein Weibchen im Blütenstand zu erkennen glaubt, sucht aufgeregt danach und versucht es zu begatten. Durch diese Aktivität erfolgt die Bestäubung.

Für ihre Experimente sammelten die Biologen 41 männliche Fliegen, die noch „unerfahren”, also bei der Partnersuche bisher noch nicht auf eine Täuschung hereingefallen waren. Jeweils ein Tier brachten sie in einen Käfig mit 20 frischen Blütenständen. In einem davon hatten sie zuvor eine abgetötete weibliche Fliege platziert. Da es von dem Korbblütler unterschiedliche Formen gibt – solche mit mehr oder weniger stark ausgeprägten und solche ganz ohne Flecken –, war es möglich, das Ausmaß der sexuellen Täuschung in den einzelnen Experimenten zu variieren. Die Forscher registrierten jeweils, ob das Männchen nur Nahrung suchte, das echte Weibchen fand oder ein Paarungsverhalten ohne Weibchen zeigte. Je ausgeprägter die imitierenden Blütensignale waren, desto geringer waren seine Chancen, das echte Weibchen zu finden. Aber mit zunehmender Erfahrung sank die Häufigkeit der sinnlosen Paarungsversuche. Die Männchen lernten, die simulierten Weibchen von einem echten zu unterscheiden. Ob sie das Gelernte nach einiger Zeit wieder vergessen oder dauerhaft behalten, ist noch nicht untersucht.

Eine ähnliche Strategie der Täuschung haben Orchideen der Gattung Ophrys (Ragwurz) entwickelt. Sie simulieren mit den Blütenblättern das Aussehen von Bienenweibchen und locken die Männchen zusätzlich durch einen pheromonartigen Duftstoff an. Auch bei den männlichen Bienen lässt die Stärke des falschen Paarungssignals mit zunehmender Erfahrung nach. Aber noch hat man nicht ermittelt, wie stark der dadurch erlittene Schaden für die Vermehrung der betrogenen Bienen ist.

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