Weltkleinste Box aus DNA-Origami

Nanometer großer Behälter mit verschließbarem Deckel könnte Medikamente transportieren oder als Biosensor arbeiten
Das Öffnen der DNA-Box (von a nach b) erfolgt mithilfe von DNA-Schlüsselsequenzen  - die markierenden Farbstoffmoleküle leuchten bei geschlossenem Deckel rot, bei offenem grün
Das Öffnen der DNA-Box (von a nach b) erfolgt mithilfe von DNA-Schlüsselsequenzen - die markierenden Farbstoffmoleküle leuchten bei geschlossenem Deckel rot, bei offenem grün
© Ebbe Sloth Andersen
Aarhus (Dänemark)/Göttingen - Deutsche und dänische Forscher haben aus DNA-Strängen erstmals einen winzigen Behälter gefaltet, der obendrein über einen wiederverschließbaren Deckel verfügt. Die Box misst nur 42 × 36 × 36 Nanometer (millionstel Millimeter), ist aber groß genug, um Medikamentenmoleküle oder kleine Viren und Zellbestandteile zu transportieren. Das Falten von DNA-Strängen in Origami-Technik war zwar bereits bekannt, selbst in drei Dimensionen - das dänisch-deutsche Team konstruierte jedoch erstmals einen Behälter mit festen Seitenwänden und beweglichen Teilen. Gleichzeitig ist dies die kleinste Box und die größte und komplexeste bekannte Struktur, die durch Selbstanordnung ihrer Einzelteile entstand. Hilfreich war dabei eine eigens entwickelte Software, die die Falttechnik optimiert, schreiben die Foscher im Fachblatt "Nature". Als nächstes wollen sie mit ihrem Prototypen tatsächliche Wirkstofftransporte etwa in Zellen hinein austesten. Weitere Einsatzmöglichkeiten der winzigen Box sind aber möglich, auch Sensorfunktionen könnte sie übernehmen.

"Wir haben die DNA-Origami-Methode in drei Dimensionen erweitert, indem wir eine ansteuerbare DNA-Box erschufen, die durch von außen gelieferte DNA-'Schlüssel' geöffnet werden kann", schreiben die Forscher um Ebbe S. Andersen und Jørgen Kjems vom dänischen Centre for DNA Nanotechnology (CDNA) und der Universität Aarhus. Sie entwickelten ihre Nano-Box gemeinsam mit Kollegen weiterer dänischer Institute und vom Göttinger Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie sowie der Universität Göttingen. Die ursprüngliche Technik beginnt damit, lange DNA-Ketten zu schaffen, deren Einzelteile beim Falten fest aneinanderpassen. So lassen sich Flächen erzeugen, die dann wieder in sich zu falten sind. Kjems und Kollegen erweiterten die Methode nun mithilfe ihrer Software, die das Falten jeder zwei- und neuerdings auch dreidimensionalen Nanostruktur vorausberechnet.

Die erfolgreiche Konstruktion ihrer DNA-Box überprüften die Forscher mithilfe so genannter kryogener Transmissionselektronenmikroskopie (cryo-TEM), Rasterkraftmikroskopie und Kleinwinkel-Röntgenstreuung (Small Angle X-Ray Scattering, SAXS). Obendrein nutzten sie Fluoreszenz-Resonanz-Energietransfer, um das Öffnen und Schließen des Deckels optisch zu kontrollieren. Dazu hatten sie zwei Farbstoffmoleküle an Deckel und Box angebracht, die bei großer Nähe rot leuchten, bei weiterem Abstand zueinander aber grün.

Das Origami-Falten von DNA-Molekülen hatte 2006 der US-Forscher Paul Rothemund entwickelt und zunächst nur für zweidimensionale Strukturen genutzt. Grundlage sind lange DNA-Ketten, deren innere Anordnung bestimmt, welche Stellen der Kette beim Falten in die so genannte Tertiärstruktur, die äußere Form, miteinander gute Verbindungen eingehen. Künstliche DNA-Ketten sind heute einfach in großen Mengen herzustellen und bilden ein ideales Rohmaterial, weil sich ihr Faltverhalten zuverlässig vorhersagen lässt. Durch geschicktes Konstruieren einer DNA mit passender Sequenz können die Forscher also erreichen, dass sich ihr Kettenmolekül quasi von allein in die gewünschte Struktur faltet. Die neue Software hilft Molekülketten vorauszuberechnen, die sich letztendlich zur gewünschten Box zusammenfinden.

Der Deckel öffnet und schließt mit einem Trick: Wenn zwei DNA-Sequenzen im Deckel zwei passende gegenläufige Sequenzen in der Box erkennen, formen sie mit diesen zwei vollständige DNA-Kettenmoleküle und halten die Box geschlossen. Gibt man allerdings zwei spezifische, konkurrierende DNA- oder RNA-Sequenzen von außen dazu, die die Helix in den "Schlössern" besser ergänzen, öffnet sich der Deckel automatisch wieder - weil all die negativen Ladungen in der Box eine abstoßende Wirkung erzeugen, berichtet Kjems.

Auf diese Weise könnte die Nanobox nicht nur Medikamente gezielt freisetzen, sobald die "Öffner-Moleküle" in der Umgebung präsent sind, sondern auch als neuartiger Bio-Sensor fungieren: Wird sie bei bestimmten Voraussetzungen geöffnet, könnte sie eine große Zahl von Marker-Molekülen freisetzen, die den dann veränderten Zustand melden.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Self-assembly of a nanoscale DNA box with a controllable lid", Ebbe S. Andersen, Monika M. Golas, Bjoern Sander, Holger Stark, Jørgen Kjems et al.; Nature vol 459, p. 73-76


 

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