Was Alkohol mit dem jugendlichen Gehirn macht

Zu viel Trinken in der Jugendzeit beeinträchtigt die Entwicklung bestimmter Hirnregionen, die an sozialen Fertigkeiten und Urteilsvermögen beteiligt sind
Albuquerque (USA) - Komasaufen, Kampftrinken, Alkoholexzesse - Jugendliche scheinen laut aktuellen Untersuchungen immer häufiger zu tief ins Glas zu schauen. Zwar ist übermäßiger Alkoholgenuss mit Sicherheit in keinem Alter sonderlich gesund. Doch in der Jugend beeinträchtigt zu starker Konsum von Alkohol und auch von Marihuana die Entwicklung des jugendlichen Geistes, haben amerikanische Forscher in einer Studie mit knapp 50 Heranwachsenden beobachtet: Er schädigt den Frontallappen - eine Hirnregion, die mit der Entwicklung von sozialen Fähigkeiten und Urteilsvermögen in Verbindung gebracht wird. Mit steigendem Alkoholgenuss zeigten die Jugendlichen verringerte Aufmerksamkeit und verminderte so genannte Exekutive Funktionen, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt "Alcoholism: Clinical & Experimental Research". Unter dem Begriff Exekutiven Funktionen sind höhere kognitive Prozesse zur Selbstregulation und Handlungssteuerung wie zum Beispiel Zielsetzung, Planung und Entscheidungsfindung oder auch Willensbildung und Initiative zusammengefasst.

"Starkes Trinken könnte normale Prozesse in der neuronalen Entwicklung unterbrechen, die während der Jugendzeit, in welcher Alkohol selektiv die Frontallappen angreift, Aufmerksamkeit und Exekutive Funktionen verfeinern und schärfen", erläutert Robert J. Thoma von der University of New Mexico School of Medicine. "Es könnte sein, dass intensives Trinken in der Jugend zu verspäteter oder unvollständiger Entwicklung der frontalen Hirnregionen führt, was wiederum zu Problemen mit Aufmerksamkeit und Exekutiven Funktionen führt", ergänzt seine Kollegin Susan F. Tapert von der University of California San Diego. Die Forscher hatten bei insgesamt 48 Heranwachsenden im Alter von 12 bis 18 Jahren neuropsychologische Leistungsfähigkeit und Alkohol- sowie Marihuana-Genuss untersucht. 19 der Teilnehmer hatten ein diagnostiziertes Abhängigkeitsproblem, bei 14 gab es Drogenmissbrauch in der Familiengeschichte, auch wenn die Probanden selbst nicht abhängig waren. Weitere 15 Freiwillige waren gesund und dienten als Kontrollgruppe.

Nach einer Reihe psychologischer Tests stellten die Forscher fest: Sowohl häufiger Alkohol- als auch Marihuana-Gebrauch beeinflussten merklich den jugendlichen Geist. Während Trinken eben Aufmerksamkeit und Exekutive Funktionen beeinträchtigte, wirkte sich Marihuana auch negativ auf die Gedächtnisleistungen aus. "Die Effekte von Alkohol- und Marihuana-Konsum auf die Kognition wird bereits seit Jahrzehnten erforscht, fängt aber grade erst an, auch bei Jugendlichen Aufmerksamkeit zu erhalten", sagt Thoma. "Sowohl Tiermodelle als auch beobachtende Studien an Menschen legen nahe, dass Alkoholexzesse während der Jugendzeit normale Entwicklungsprozesse auf eine Weise verändern, welche das Lernen und soziale Anpassungsfähigkeit bis ins Erwachsenenalter negativ beeinflussen."

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Adolescent Substance Abuse: The Effects of Alcohol and Marijuana on Neuropsychological Performance", Robert J. Thoma et al.; Alcoholism: Clinical & Experimental Research (Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1111/j.1530-0277.2010.01320.x)


 

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