Warum wir lächeln
„Unsere Studien unterstützen die Ansicht, dass Gesichtsausdrücke eher Werkzeuge der sozialen Interaktion sind, anstatt grundlegende Emotionen zu signalisieren“, erklären José-Miguel Fernández-Dols und seine Kollegen von der Universidad Autónoma de Madrid. Aus ihren Untersuchungen geht klar hervor, dass ein Lächeln weniger durch das eigene Glücksgefühl als viel mehr durch den Kontakt mit anderen ausgelöst wird. In der ersten Studie werteten sie Videoaufnahmen von 55 jungen Judokämpfern beiderlei Geschlechts aus, die in einer nationalen Meisterschaft eine Gold- oder Bronzemedaille gewonnen hatten. Die zweite Studie beruhte auf Filmaufnahmen von 119 jungen und älteren Judosportlern, die in einem internationalen Wettbewerb einen Kampf für sich entscheiden konnten.
Obwohl alle Sportler angaben, im Moment ihres Sieges Glücksgefühle empfunden zu haben, hatten die meisten dabei gar nicht gelächelt. Nur 15 bis 20 Prozent ließen ein echtes Lächeln erkennen. Damit ist diejenige Form des Lächelns gemeint, bei dem sowohl die Mundwinkel als auch die Wangen nach oben gezogen werden, so dass Lachfältchen in den äußeren Augenwinkeln entstehen. Im Gegensatz dazu beschränkt sich das künstliche unechte Lächeln – auch Botox-Lächeln genannt – auf die Bewegung der Mundwinkel. Am häufigsten registrierten die Forscher nach dem Kampf offene Münder – wahrscheinlich als Folge der körperlichen Anstrengung – sowie gesenkte Köpfe – was mit dem Richten von Gürtel und Kimono der Sportbekleidung verbunden war. Fast alle Sportler, die ein echtes Lächeln zeigten, hatten dabei auch Kontakt zum Publikum in Form von Blicken oder Arm- und Handzeichen. Je größer die Zahl der Zuschauer und je stärker der Beifall, desto intensiver das Lächeln. Das Lächeln entstand also nicht nur durch die Emotion des Sportlers – die war ja bei allen etwa gleich –, sondern in erster Linie durch die Reaktion der anderen Menschen.