Wanzen wenig wählerisch

Blutsaugende Bettwanzen reagieren nicht speziell auf Bestandteile menschlichen Körpergeruchs, sondern auf flüchtige Substanzen, die viele Wirbeltiere abgeben
Lund (Schweden) - Bettwanzen sind offenbar nicht zwangsweise auf menschliche Opfer aus: Der Geruchssinn der Blutsauger springt nicht etwa auf Geruchskomponenten an, die ausschließlich für den Menschen charakteristisch sind, haben schwedische Forscher bei den lästigen Krabbeltieren beobachtet. Vielmehr reagieren die lästigen Parasiten primär auf flüchtige Substanzen, die von Warmblütern aller Art abgesondert werden, berichten die Wissenschaftler im „Journal of Experimental Biology”. Bisher sind kaum Details über die kulinarischen Vorlieben von Bettwanzen bekannt. Umfassende Erkenntnisse könnten beispielweise bei der Entwicklung effektiver Lockmittel für Fallen helfen.

Bevor sie ihre Tests mit Bettwanzen starten konnten, standen Vincent Harraca von der Universität Lund und seine Kollegen zunächst vor der Herausforderung, Proben menschlichen Körpergeruchs zu sammeln. „Um das zu tun, braucht man Tüten, die keinerlei Geruch entlassen. Am besten sind Bratschläuche, in denen man Hühnchen oder Truthahn brät, aber es gibt keine Bratschläuche in Menschengröße“, schmunzelt Harraca. Das Problem lösten die Forscher, indem sie mehrere der Plastiktüten mit Hitze zusammenschweißten. Dann mussten sie nur noch Freiwillige finden, die unbekleidet für zweieinhalb Stunden in den überdimensionalen Bratschläuchen schwitzen. Schließlich hatten sie die geballten Ausdünstungen von acht Probanden gesammelt. Aus den menschlichen Geruchsproben isolierten sie hundert unterschiedliche Verbindungen.

Als Harraca und seine Kollegen testeten, worauf genau Bettwanzen nun reagieren, stellten sie zu ihrer Überraschung fest: Der Geruchssinn der Insekten sprach nur auf fünf der identifizierten Verbindungen an – auf vier Aldehyde und ein Keton. Diese Stoffe sind nicht im Geringsten charakteristisch für Menschen. Daraus schließen die Wissenschaftler, dass die lästigen Blutsauger nicht sonderlich wählerisch bei der Suche nach ihrer Futterquelle sind. In weiteren Versuchen konfrontierten sie Bettwanzen mit den natürlichen Gerüchen der Probanden. In einer aus zwei Petrischalen konstruierten, doppelstöckigen Arena zeichneten die Forscher die Bewegungen der Insekten auf Video auf. In einer Hälfte der unteren Schale befand sich ein Filterpapier mit der Geruchsprobe, in der oberen Schale die Bettwanze.

In diesem Experiment beobachteten sie, dass zu intensive Gerüche eine eher abschreckende Wirkung haben. Aber auch verdünnte Körpergerüche hatten keinen übermäßig anziehenden Effekt. Menschliches Aroma allein scheint demnach nicht sonderlich attraktiv. Bei der Suche nach einer schlummernden Futterquelle leiten die Insekten auch weitere Sinne, vermuten Harraca und sein Team. So könnten auch Wärme und Kohlendioxid-Ausdünstung eine Rolle spielen. Allerdings ist die individuelle Zusammensetzung des Körpergeruchs wohl durchaus von Bedeutung für die Attraktivität eines Opfers: Auf die Probe einer der Probanden reagierten die Blutsauger mit leicht größerem Interesse.

Bettwanzen sind Parasiten, die menschliche Nähe suchen und damit klassische Zivilisationsfolger sind. Sie ernähren sich von Blut, werden dabei aber nicht ausschließlich beim Menschen, sondern auch bei Haustieren, Fledermäusen und Vögeln fündig. Galten sie lange Zeit eher als wenig angenehme Erinnerung aus grauer Vorzeit, sind die lästigen Krabbler mittlerweile vielerorts wieder auf dem Vormarsch.

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Quelle: “Smelling your way to food: can bed bugs use our odour?”, Vincent Harraca; Journal of Experimental Biology, DOI:10.1242/jeb.070060


 

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