Vom Gelb zum Braun – Warum van Goghs Gemälde immer dunkler werden

Physiker entschlüsseln Zerfallsprozess von ehemals leuchtenden Farben mit Röntgenstrahlung
Wie das
Wie das "Seineufer" von van Gogh bis 2050 nachdunkeln wird
© ESRF/Antwerp University/Van Gogh Museum
Grenoble (Frankreich) - Wertvolle, alte Gemälde werden selbst bei bester Pflege immer düsterer. Besonders auf einigen berühmten Werken von Vincent van Gogh wandelt sich ein strahlendes Gelb mit der Zeit zu dunklem Braun. Den Grund für diesen Farbwechsel ergründete nun eine Gruppe europäischer Physiker mit intensiver Röntgenstrahlung. Wie sie in der Fachzeitschrift "Analytical Chemistry" berichten, liegt in dem im 19. Jahrhundert bei Malern beliebten Chromgelb die Ursache für den schleichenden Farbschwund.

"Diese Forschung ist wichtig, um das Altern und das Konservieren von Gemälden für zukünftige Generationen zu verstehen", sagt Ella Hendricks vom Van Gogh-Museum in Amsterdam. Das Forscherteam um Koen Janssens von der belgischen Universität Antwerpen und von den Synchrotron-Laboren ESRF in Grenoble und DESY in Hamburg ermittelten, das van Gogh für die Gemälde "Seineufer" und "Blick auf Arles mit Schwertlilien" die Farbe Chromgelb nutzte. Mit stark gebündelten Röntgenstrahlen, die mit Hilfe von Teilchenbeschleunigern erzeugt werden, analysierten sie Proben aus einer historischen Fabrtube. Ihr Ergebnis: In der Farbe Chromgelb wird eine Chrom-Verbindung chemisch reduziert, sechswertiges wandelt sich zu dreiwertigem Chrom, strahlendes Gelb wird zu mattem Braun.

Diese Reaktion wird vor allem durch ultraviolettes Licht und damit durch Sonnenstrahlung in Gang gesetzt. Selbst bei dem diffusem Licht in Museen lässt sich dieser Vorgang nicht völlig stoppen. Eine wichtige Rolle spielt auch der von van Gogh verwendete Firnis. Denn Verbindungen, die die Elemente Barium und Schwefel enthalten, unterstützen den Farbzerfall. Genauere Untersuchungen der Proben aus der gebrauchten Chromgelb-Farbtube bestätigten die Zerfallsreduktion des vormals leuchtenden Gelbs.

Da das Nachdunkeln auf einer chemischen Reaktion beruht, hilft kein schlichtes Reinigen, um den Werken ihre ursprüngliche Farbpracht zurückzugeben. "Wir wollen nun untersuchen, ob es irgendeine Hoffnung gibt, die Pigmente in ihren Ursprungszustand zu bringen", sagt Koen Janssens von der Universität Antwerpen. Gelingt dies nicht, werden einige van Gogh-Gemälde immer dunkler werden. Am Beispiel des "Seineufer" demonstrierten die Forscher in einer Computersimulation, wie intensiv die braunen Farbtöne bis zum Jahr 2050 voraussichtlich werden könnten.

Da Chromgelb über viele Jahrzehnte wegen seines strahlenden Gelbtons bei Malern sehr beliebt war, könnte zahlreiche Gemälde von dem Farbschwund betroffen sein. Für Werke, die ab den 1950er Jahren entstanden sind, können die Forscher jedoch Entwarnung geben. Denn vor rund 60 Jahren verbreitete sich das Wissen, dass Chromgelb sehr giftig ist, und die Künstler pressten fortan Tuben mit moderneren Farben auf ihre Paletten.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Degradation Process of Lead Chromate in Paintings by Vincent van Gogh Studied by Means of Synchrotron X-ray Spectromicroscopy and Related Methods. 1. Artificially Aged Model Samples and 2. Original Paint Layer Samples" L. Monico et al.; Analytical Chemistry, im Druck, 15. Februar 2011


 

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