Verschlimmern Schlafstörungen die Alzheimer-Demenz?

Mit fortschreitender Krankheit steigt die Produktion eines Botenstoffs, der als Wecksignal wirkt, was zu Schlaflosigkeit führt und dadurch kognitive Hirnleistungen zusätzlich schwächen könnte
Alzheimer-Patienten leiden oft unter Schlafstörungen.
Alzheimer-Patienten leiden oft unter Schlafstörungen.
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Rom (Italien) - Alzheimer-Patienten leiden oft schon im Frühstadium ihrer Krankheit unter Schlafstörungen. Sie bilden verstärkt einen aktivierenden Botenstoff, den Neurotransmitter Orexin, der an der Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus beteiligt ist. Diesen Zusammenhang haben italienische Forscher jetzt genauer untersucht: Je höher der Orexinspiegel in der Hirnflüssigkeit, desto ausgeprägter waren die Schlafstörungen, die wiederum mit nachlassenden kognitiven Hirnleistungen verbunden waren. Daher dürften Medikamente, die die übermäßige Aktivität von Orexin hemmen, bei der Behandlung der Alzheimer-Demenz hilfreich sein, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt „JAMA Neurology”.

Möglicherweise würden im gesunden Schlaf Prozesse aktiviert, die verhindern, dass sich die krankheitstypischen Proteinablagerungen im Gehirn bilden. Schlafstörungen könnten daher ein zusätzlicher Faktor sein, der die Neurodegeneration bei der Alzheimer-Demenz beschleunigt, erklären die Forscher um Claudio Liguori von der Universität Tor Vergata in Rom. Sie analysierten Proben der Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit, des sogenannten Liquors, von 48 bisher unbehandelten Alzheimer-Patienten. Davon hatten 21 nur schwache Krankheitssymptome, bei der anderen Gruppe waren sie mäßig stark bis stark ausgeprägt. Als Vergleich dienten Proben von 29 Gesunden. Zusätzlich wurde mit einem Polysomnograph für jeden ein Schlafprofil erstellt, das unter anderem Angaben zur gesamten Schlafzeit, Einschlafdauer und Dauer einzelner Schlafphasen umfasste.

Die Gruppe der Probanden im fortgeschrittenen Demenzstadium hatte im Vergleich zu den Kontrollpersonen höhere Orexinwerte und ihr Schlaf war stärker gestört als bei denen mit schwächeren Symptomen. Gekoppelt mit dem Orexinspiegel waren auch die im Liquor gemessenen Werte für Tau-Protein und Beta-Amyloid. Diese bilden die für die Krankheit typischen Ablagerungen in beziehungsweise zwischen den Hirnzellen. Je schwerwiegender die Schlafstörungen waren, umso schlechter schnitten die Patienten bei einem standardisierten Test ab, der zur Diagnose von Alzheimer verwendet wird.

Die Forscher vermuten, dass das Absterben bestimmter Hirnzellen im Verlauf der Demenz die Orexinproduktion anderer Hirnzellen im Hypothalamus verstärkt. Die dadurch verkürzten Schlafphasen würden wahrscheinlich das Fortschreiten der Degeneration noch beschleunigen. Daher sollte man Medikamente testen, die Orexinbindungsstellen blockieren und so die Wirkung des Neurotransmitters drosseln, schreibt Luigi Ferini-Strambi von der Universitá Vita-Salute in Mailand in einem begleitenden Kommentar. Eine solche Behandlung könne nicht nur die Schlafstörungen beheben, sondern vielleicht auch den weiteren Verlauf der Krankheit verlangsamen.

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