Verlauste Dinos?

Analysen von Läusestammbäumen legen nahe, dass die ungeliebten Parasiten bereits existierten, bevor Vögel und Säuger nach dem Aussterben der Dinosaurier zahlreiche ökologische Nischen eroberten
44 Millionen Jahre altes Fossil einer Laus (l.) und heutige Wasservogel-Laus(r.)
44 Millionen Jahre altes Fossil einer Laus (l.) und heutige Wasservogel-Laus(r.)
© Vincent S. Smith
Urbana-Champaign (USA) - Beißen, Jucken, Kratzen - eine mögliche Ursache dafür können Läuse sein. Diese unangenehme Erfahrung mussten womöglich schon die Dinosaurier machen. Hinweise darauf hat ein internationales Forscherteam gefunden, indem es einen Läusestammbaum auf der Basis genetischer Unterschiede zwischen einzelnen Läusearten erstellte. Den Ergebnissen zufolge gab es auf Vögel und Säuger spezialisierte Läuse bereits vor dem Aussterben der Dinosaurier vor rund 65 Millionen Jahren. Das wiederum könnte nicht nur bedeuten, dass Säuger und Vögel möglicherweise schon vor diesem Massensterben eine gewisse Vielfalt erreichten, sondern auch, dass die Dinosaurier selbst ebenfalls unter den Parasiten zu leiden hatten. Ihre Untersuchungen von DNA und Fossilien beschreiben die Wissenschaftler im Fachblatt "Biology Letters".

"Unsere Analysen legen nahe, dass beide, Vögel- und Säugerläuse, sich bereits vor dem Massensterben der Dinosaurier differenzierten", erläutert Kevin Johnson, Vogelkundler des Illinois State Natural History Survey an der University of Illinois at Urbana-Champaign. "In Anbetracht dessen, wie weit verbreitet Läuse insbesondere bei Vögeln und in einem gewissen Ausmaß auch bei Säugetieren sind, haben sie wahrscheinlich auch in der Vergangenheit schon auf einer Vielzahl von Wirten existiert - möglicherweise einschließlich der Dinosaurier." Johnson und seine Kollegen hatten DNA-Sequenzen der Gene von 69 heutigen Läuse-Abstammungslinien verglichen und daraus einen - wenn auch nur unvollständigen - Familienstammbaum erstellt.

Veränderungen in Gensequenzen sind ein verlässliches Merkmal für den Verwandtschaftsgrad verschiedener Arten. Da sich diese Veränderungen mit der Zeit anhäufen, können sie auch genutzt werden, um eine grobe Zeitlinie der Evolution miteinander verwandter Gruppen zu rekonstruieren. Wo Läuse waren, war auch ihr Wirt. Und da Läuse sich hochgradig an ihren Wirt anpassen, ist abzusehen, ob sie sich eher auf Vögeln oder eher auf Säugetieren tummelten. Neben den Genanalysen nutzen die Forscher auch Fossilfunde von Läusen, Vögeln und Säugern. Da Fossilien in Gesteinsschichten gefunden werden, kann anhand dieser geologischen Formation das Alter relativ exakt bestimmt werden. Das half den Wissenschaftlern, bestimmte Zeitpunkte im Stammbaum festzumachen.

Es gibt verschiedene Theorie dazu, wie sich die heutige Vielfalt der Vögel und Säuger entwickelt hat. Eine geht davon aus, dass die frühen Vögel und Säugetiere die Lücken füllten, die die Dinosaurier mit ihrem Aussterben hinterließen. "Enten machen zum Beispiel andere Dinge als Eulen und die machen wiederum andere Dinge als Papageien", erläutert Johnson. "Man hat gedacht, dass nachdem die Dinosaurier ausgestorben waren, dies der Zeitpunkt war, an dem diese Vögel oder Säuger sich in diese unterschiedlichen Nischen differenzierten." Die Beweise aus den Untersuchungen der Läuse zeigen jedoch, dass die Ausbreitung in neue Lebensräume schon im Gange war, bevor die Dinosaurier ausstarben. Viele Forscher gehen darüber hinaus davon aus, dass die Vögel die Nachfahren der großen Echsen sind, sagt Johnson. "Vielleicht haben die Vögel ihre Läuse schlicht von den Dinosauriern geerbt."

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Multiple Lineages of Lice Pass Through the K-Pg Boundary", Vincent S. Smith, Kevin P. Johnson et al.; Biology Letters (doi:10.1098/rsbl.2011.0105)


 

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