Vaterschaft macht Männer fürsorglicher

Die Werte des Sexualhormons Testosteron sinken, wenn Männer Nachwuchs bekommen - besonders wenn sie sich viel um das Kind kümmern
Evanston (USA) - Männer sind biologisch bestens gerüstet, Nachwuchs nicht nur zu zeugen, sondern auch für ihn zu sorgen: Vater zu werden senkt die Testosteronwerte, was weniger abenteuerlustig und fürsorglicher werden lässt. Frühere Untersuchungen hatten zwar Hinweise auf diesen Zusammenhang geliefert, konnten aber nicht schlüssig Ursache und Wirkung belegen. Es blieb offen, ob die Vaterschaft die Testosteronwerte senkt oder ob Männer mit niedrigeren Testosteronwerten häufiger Nachwuchs bekommen. Tatsächlich sinkt der Spiegel des Sexualhormons mit der Vaterschaft, konnten amerikanische Anthropologen nun in einer Langzeitstudie belegen. Besonders ausgeprägt ist der Effekt demnach bei Vätern, die stark in die Betreuung eingebunden sind. Bei Männern ohne Nachwuchs im vergleichbaren Alter sind solche hormonellen Veränderungen dagegen nicht zu verzeichnen. Der beobachtete Unterschied ist auch eine mögliche Erklärung, warum alleinstehende Männer häufiger gesundheitliche Probleme bekommen als Familienväter, berichten die Forscher im Fachblatt "PNAS". Die geringeren Testosteronwerte könnten vor bestimmten chronischen Alterserkrankungen schützen, halten die Autoren für möglich.

"Vaterschaft und die Bedürfnisse eines Neugeborenen können viele emotionale, psychische und körperliche Anpassungen erfordern", sagt Erstautor Lee Gettler von der Northwestern University in Evanston. "Unsere Studie legt nahe, dass die Biologie eines Mannes sich erheblich verändern kann, um zu helfen, diesen Ansprüchen gerecht zu werden." Die Forscher hatten über knapp fünf Jahre hinweg insgesamt 624 junge Männer von den Philippinen beobachtet, die an einer langfristigen Ernährungs- und Gesundheitsstudie teilnahmen. Etwa ein Drittel der Männer ging während dieses Zeitraums eine feste Partnerschaft ein und wurde Vater.

Analysen von Speichelproben zeigten: Junge Männer mit höheren morgendlichen Testosteronwerten hatten bessere Chancen auf eine feste Partnerin, mit der sie Nachwuchs zeugten - ein Hinweis darauf, dass das Sexualhormon hilfreich ist, eine Frau für sich zu gewinnen und als Mutter seiner Kinder zu sichern. Waren diese Männer aber erst einmal Vater geworden, sanken ihre Testosteronwerte um durchschnittlich 26 für den morgendlichen beziehungsweise 34 Prozent für den abendlichen Messwert. Ein solch deutlicher Abfall trat bei keinem der Singlemänner auf. Bei Vätern, die sich mindestens drei Stunden täglich um das Neugeborene kümmerten, war er dagegen besonders stark. Dies bestätigt die Hypothese, dass der unmittelbare Kontakt mit dem Nachwuchs die Testosteronbildung unterdrückt. "Menschen sind unter den Säugetieren dahingehend ungewöhnlich, dass unser Nachwuchs für mehr als ein Jahrzehnt von älteren Individuen abhängig ist, was Nahrung und Schutz anbelangt ", sagt Gettlers Kollege Christopher W. Kuzawa. "Menschlichen Nachwuchs aufzuziehen, ist ein solcher Aufwand, dass Kooperation zwangsläufig notwendig ist und unsere Studie zeigt, dass menschliche Väter biologisch darauf ausgelegt sind, bei diesem Job zu helfen."

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Quelle: "Longitudinal evidence that fatherhood decreases testosterone in human males", Lee T. Gettler, Christopher W. Kuzawa et al.; PNAS, doi/10.1073/pnas.1105403108


 

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