Unterirdisch: Bakterien und Pilze gemeinsam gegen Fadenwürmer

Mit einem chemischen Signal locken Mikroben im Boden bestimmte Pilze an, die sich von Nematoden ernähren
Nematoden wie Caenorhabditis elegans ernähren sich unter anderem von Bakterien (hier blau gefärbt).
Nematoden wie Caenorhabditis elegans ernähren sich unter anderem von Bakterien (hier blau gefärbt).
© Shutterstock, Bild 99316031
Kunming (China) - Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Nach diesem Prinzip haben Bodenbakterien eine ungewöhnliche Strategie entwickelt, um sich gegen bakterienfressende Fadenwürmer, die Nematoden, zu wehren. Sie setzen Harnstoff frei, was als Hilferuf wirkt. Denn darauf reagieren bestimmte Pilzarten, indem sie mit ihren Hyphen Strukturen bilden, die als Nematodenfallen dienen, berichten chinesische Biologen im Fachblatt „Nature Communications”. Die Pilze gehen zu einer räuberischen Lebensweise über und profitieren von einer ergiebigen Nahrungsquelle. Gleichzeitig verbessern sie dadurch die Lebensbedingungen der Bakterien.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass zwischen diesen Bakterien und nematodenfangenden Pilzen eine Beziehung zu gegenseitigem Nutzen entsteht, wodurch die Nematoden selbst zum Opfer werden“, schreiben Ke-Qin Zhang von der Yunnan University in Kunming und Kollegen. Solche Wechselwirkungen zwischen mehreren Spezies seien wahrscheinlich in natürlichen Ökosystemen sehr verbreitet. So ähnelt das hier untersuchte Beispiel dem Mechanismus, durch den sich Pflanzen auf indirekte Weise gegen Fraßinsekten verteidigen: Sie setzen flüchtige Botenstoffe frei, die parasitische und räuberische Insekten anlocken, welche die Pflanzenschädlinge angreifen.

Die Forscher analysierten die Beziehung zwischen Fadenwürmern, Bakterien und Pilzen, die denselben Lebensraum im Boden besiedeln. Arthrobotrys oligospora gehört zur Gruppe der nematodenfressenden Pilzen. Normalerweise ernährt er sich von totem organischen Material. Sind jedoch Nematoden in unmittelbarer Nähe, ändert er seine Lebensweise. Er bildet mit seinen Hyphen Fangorgane aus – darunter klebrige Netze oder kontraktile Schlingen – , mit denen er Jagd auf Fadenwürmer macht. Diese Verwandlung zum räuberischen Pilz wird durch Substanzen ausgelöst, die Würmer ausscheiden. Doch die Forscher konnten jetzt nachweisen, dass es ein weiteres, davon unabhängiges Signal gibt, welches dieselbe Wirkung hat.

Ausgangspunkt ihrer Untersuchungen war die Beobachtung, dass unbekannte Substanzen in frischem Kuhfladen die Entwicklung von Fangorganen auslösen. Von 126 aus dem Dung isolierten Bakterienarten produzierten 55 eine Verbindung, die das bewirkte. Sie konnte schließlich als Harnstoff identifiziert werden. Die stärksten Harnstoffproduzenten waren drei Stämme von Stenotrophomonas maltophilia. Laborversuche bestätigten: Die Zugabe von reinem Harnstoff genügt, um die Bildung von Fangorganen bei A. oligospora zu bewirken. Weitere Experimente zeigten, dass der Harnstoff erst dann wirksam werden kann, nachdem er vom Pilz aufgenommen und zu Ammoniak und Kohlendioxid gespalten worden ist. Als eigentliches Signalmolekül im Zellinnern erwies sich das Ammoniak. In einer umfangreichen Testreihe veränderte es Hyphenbildung und Lebensweise bei 7 von 31 Arten nematodenfressender Pilze. Die Forscher nehmen an, dass die übrigen Arten auf andere bakterielle Substanzen reagieren. Brachten sie einen Pilz gleichzeitig in Kontakt mit Nematoden und Harnstoff, verdreifachte sich die Zahl der gebildeten Fangorgane, verglichen mit der Wirkung eines einzelnen Auslösers. Dieser synergistische Effekt – und Versuche mit Mutanten – weisen darauf hin, dass in beiden Fällen unterschiedliche Signalwege in den Pilzzellen aktiviert werden. Wie das genau geschieht, ist noch nicht bekannt.

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