Umgekehrter Lotus-Effekt: Nanostrukturen halten Wassertropfen fest

Die Oberfläche von Rosenblüten inspiriert Anti-Tropf-Beschichtungen, die genaueres Tintenstrahldrucken oder effektivere Lab-on-Chip-Systeme ermöglichen
Diese Nanostrukturen – inspiriert durch Blütenblätter von Rosen – sind die Grundlage für das hervorragende Haften von Wassertropfen.
Diese Nanostrukturen – inspiriert durch Blütenblätter von Rosen – sind die Grundlage für das hervorragende Haften von Wassertropfen.
© Hong Yee Low, Singapore University of Technology and Design, American Chemical Society
Singapur (Singapur) - Dank des Lotus-Effekts perlen Wassertropfen auf nanostrukturierten Oberflächen einfach ab. Doch auch der exakt umgekehrte Effekt, bei dem Wassertropfen zuverlässig haften bleiben, lässt sich ebenfalls mit nanostrukturierten Oberflächen erzielen. Eine Forschergruppe in Singapur entwickelte dazu ein Fertigungsverfahren für Anti-Tropf-Schichten, das für noch exaktere Tintenstrahl-Prozesse und für die Analyse von flüssigen Substanzen genutzt werden könnte. In der Fachzeitschrift „Langmuir“ berichten sie über das Prinzip, das sie in der Natur an Rosenblüten beobachtet hatten.

„Nanostrukturen für eine zuverlässige Wasserhaftung haben ein großes Potenzial, um Flüssigkeiten auf Oberflächen zu kontrollieren“, sagt Hong Yee Low von der Singapore University of Technology and Design. Dabei kann vollständig auf eine chemische Beschichtung verzichtet werden. Wie beim Lotus-Effekt fanden die Forscher auch für dieses Nano-Phänomen ein Vorbild in der Natur: So bleiben Wassertropfen auf den Blütenblättern von Rosen selbst bei Wind stabil haften. Diesem Verhalten gingen Low und Kollegen mit Hilfe eines Rasterelektronmikroskops auf den Grund. So erkannten sie, dass die farbigen Blätter über eine komplexe Oberflächenstruktur verfügten. Viele kegelförmige Zapfen von wenigen Mikrometern Größe bedeckten gleichmäßig die Blütenoberfläche. Diese Zapfen wiederum zeigten eine noch feinere Nanostrukturierung. In dieser sogenannten hierarchischen Topografie fanden die Forscher die Ursache für die hohen Haftkräfte für Wassertropfen.

Mit einem einfachen Stempelverfahren konnten die Wissenschaftler die Rosenblüten-Struktur auf verschiedene Kunststoffflächen übertragen. Dazu fertigten sie einen Stempel aus Nickel mit zahlreichen symmetrisch angeordneten Mulden. Diesen Stempel drückten sie auf den Kunststoff – wahlweise Polykarbonat, Polymethylacrylat oder Polydimethylsiloxan. Auf bis zu 330 Grad aufgeheizt hinterließ jede Stempelmulde mit einem Durchmesser von etwa 300 Nanometern einen ebenso kleinen Zapfen auf der Kunststoffoberfläche. Die Haftung von Wassertropfen dieser eigentlich stark wasserabstoßenden Flächen war so groß, dass die Tropfen selbst über Kopf hängend der Schwerkraft trotzten.

Da Wassertropfen auf glatten Flächen der gleichen Kunststoffe sonst leicht verlaufen würden, war dies der Beleg, dass allein die Nanostrukturen für den Hafteffekt verantwortlich waren. Erste Anwendungen für solche Anti-Tropf-Schichten kann sich das Team um Low bei Tintenstrahl-Prozessen vorstellen. Da dann die aufgespritzten Tintenpunkte nicht mehr verlaufen könnten, ließen sich noch kleinere Strukturen verwirklichen, etwa bei der Fertigung von flachen Displays. Höhere Bildauflösungen als bisher wären damit möglich. Doch auch für Laborchips, in denen Reaktionen in winzigen Tropfen ablaufen, ließen sich mit solchen Nanoschichten weiter optimieren. Schon bald könnte mit ersten Prototypen gerechnet werden, die diese Technologie nutzen. Da die Nanostrukturen sogar über ein günstiges Rolldruck-Verfahren in Kunststoffe gepresst werden können, sind geringe Fertigungskosten durchaus wahrscheinlich.

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