Ultrahochenergetische Neutrinos in kosmischer Strahlung

Der im Eis der Antarktis eingefrorene Detektor IceCube hat etliche Neutrinos mit ungewissem Ursprung gefunden – Ihre Energie liegt weit über dem, was mit heutigen Teilchenbeschleunigern erreichbar ist
So stellt die Analysesoftware die Spuren der Neutrinos durch den Detektor dar. Die Größe der Kreise gibt die Menge an Licht an, die Farbe den Zeitpunkt seines Eintreffens. Aus beidem können die Forscher die Energie und Richtung bestimmen.
So stellt die Analysesoftware die Spuren der Neutrinos durch den Detektor dar. Die Größe der Kreise gibt die Menge an Licht an, die Farbe den Zeitpunkt seines Eintreffens. Aus beidem können die Forscher die Energie und Richtung bestimmen.
© IceCube Collaboration
Adelaide (Australien) - Bereits vor knapp zwei Monaten machten erste Meldungen die Runde, der Antarktis-Detektor IceCube habe mehrere außergewöhnlich hochenergetische Neutrinos entdeckt. Die beiden stärksten von ihnen besaßen sogar eine Energie von über einem Petaelektronenvolt – dies ist hundertfach mehr, als derzeit mit dem weltweit besten Teilchenbeschleuniger, dem Large Hadron Collider bei Genf, erreichbar ist. Diese von den Neutrinoforschern „Ernie“ und „Bert“ getauften Ereignisse sind nun offiziell bestätigt. Das Fachmagazin „Physical Review Letters“ hat den Bericht der Forschungskollaboration veröffentlicht, in dem die Forscher die Spuren dieser Teilchen analysiert haben. Die Energien der Teilchen sind so groß, dass sie wahrscheinlich nicht aus unserer Galaxis stammen. Noch haben die Forscher aber insgesamt zu wenige hochenergetische Neutrinos nachgewiesen, um auf eindeutige Quellen schließen zu können.

„Nach zwei Jahren Datennahme mit dem IceCube-Neutrinoteleskop sind die beiden höchstenergetischen Neutrino-Ereignisse der erste Hinweis auf astrophysikalische Neutrinostrahlung in diesem Energiebereich“, berichtet Aya Ishihara von der Universität Chiba in Japan. Theoretisch könnten die Neutrinos zwar auch durch die Wechselwirkung anderer kosmischer Strahlung mit Atomen in der Erdatmosphäre entstanden sein. Die Wahrscheinlichkeit hierfür liegt allerdings bei nicht einmal einem Prozent. Damit wären Ernie und Bert der erste Nachweis höchstenergetischer Neutrinos aus den Tiefen des Alls.

Neutrinos entstehen bei vielen hochenergetischen Prozessen. Die meisten der auf der Erde nachweisbaren Neutrinos stammen aus dem Innern der Sonne. Sie wechselwirken so schwach mit Materie, dass sie quer durch die Erde fliegen können, ohne eine einzige Reaktion einzugehen. Einige wenige tun dies aber doch und erzeugen dann etwa im Eis der Antarktis einen schwachen Lichtstrahl. Die Wissenschaftler der internationalen IceCube-Kollaboration haben deshalb an 86 Kabelsträngen mehr als 5000 Lichtdetektoren in das ewige Eis hinabgelassen, die von unten nach oben kommendes Licht aufnehmen. Nur Neutrinos können von unten die Erde durchqueren. Wenn sie bestimmte Reaktionen eingehen, senden sie dann einen bläulichen Lichtblitz nach oben aus.

Auch wenn Neutrinos so schwer nachzuweisen sind, so ist Neutrino-Strahlung für die Astrophysiker vor allem deshalb so interessant, weil Neutrinos unglaublich durchdringend sind. Da sie fast gar nicht mit Materie wechselwirken, können sie Informationen aus dem Inneren von Sternen oder aus dem Zentrum von Galaxien transportieren, ohne gestört zu werden. Die nun bestätigten Neutrinos sind damit nicht nur die bisherigen Rekordhalter, sondern auch ein Hinweis auf höchstenergetische Prozesse wie etwa explodierende Sterne, gigantische Schwarze Löcher oder noch gänzlich unbekannte Phänomene. Die Wissenschaftler werden allerdings noch weitere Jahre Daten sammeln müssen, bis sie näher bestimmen können, woher diese Strahlung stammt.

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