Transistor im "Gartenschlauch"-Design für noch kleinere Chips

Ein Transistor nach einem Entwurf von 1928 ohne p-n-Übergang verspricht schnelleres Schalten, weniger Strombedarf, einfachere Herstellung - und kleinere Maße auf dem Chip.
Um einen Nanodraht aus Silizium greift halbringförmig ein entgegengesetzt dotierter Halbring, der - nur durch eine dünne Isolierschicht getrennt - als Gatter fungiert und den Stromfluss im Draht stoppen kann.
Um einen Nanodraht aus Silizium greift halbringförmig ein entgegengesetzt dotierter Halbring, der - nur durch eine dünne Isolierschicht getrennt - als Gatter fungiert und den Stromfluss im Draht stoppen kann.
© Tyndall National Institute
Cork (Irland) - Auch die moderne Technik kann aus den guten alten Zeiten lernen: Ein Entwurf aus dem Jahr 1928 als Grundlage für einen neuen Transistortyp dürfte helfen, Computerchips deutlich weiter zu schrumpfen als bisher möglich. Das Schaltelement verzichtet auf den heute üblichen so genannten p-n-Übergang und kann damit bis auf die Größe weniger Atome schrumpfen. Die Prototypen irischer Forscher messen im Querschnitt nur fünf Nanometer (Millionstel Millimeter) und sind damit sieben Mal kleiner als der derzeit kleinste Transistor des Chipherstellers Intel. Zudem schalten sie potenziell deutlich schneller und benötigen weniger Energie als ihre herkömmlichen Gegenstücke in aktuellen Mikrochips, schreiben die Forscher im Fachblatt "Nature Nanotechnology". Sie vergleichen den Nanodraht im Transistor mit einem Gartenschlauch, bei dem einfaches Zusammendrücken den Durchfluss stoppt. Da das Prinzip und damit auch die Herstellung einfacher und günstiger ist als bei bisherigen Transistoren, verhandeln die Forscher inzwischen mit interessierten Chipherstellern, um ihre Technik weiterzuentwickeln und zu lizenzieren.

"Wir haben den ersten Transistor ohne Übergangsschicht designt und hergestellt, der deutlich den Energieverbrauch senkt und den Produktionsprozess von Siliziumchips stark vereinfacht", erklärt Jean-Pierre Colinge, Leiter des Micro Nanoelectronics Centre am Tyndall National Institute des University College Cork. Auch hätten seine Konstruktionen "beinah ideale elektrische Eigenschaften und verhalten sich wie die perfektesten Transistoren". Dabei greifen sie das allererste Prinzip eines Transistors auf, das der österreich-ungarische Physiker Julius Edgar Lilienfeld im Jahr 1925 zum Patent angemeldet hatte. Damals und bislang hatte es nicht nachgebaut werden können. Erst Colinges Team gelang es, indem sie die Struktur im Nanomaßstab abbildeten: Elektrischer Strom fließt in einem Nanodraht aus Silizium, um den ein Siliziumgatter halbringförmig herumgreift, nur durch eine dünne Isolierschicht getrennt. Der gesamte Nanodraht ist stark n-dotiert und damit ein hervorragender Leiter. Das p-dotierte Gatter hingegen führt durch seine Nähe dazu, dass im Nanodraht an dieser Stelle die Zahl der Elektronen sinkt. Legt man nun entlang des Drahtes eine Spannung an, so stoppt der Stromfluss an dieser an Elektronen armen Zone, so Colinge: "Das lässt sich perfekt steuern". Zum Vergleich konstruierten die Forscher die gleiche Struktur auch mit einem p-dotierten Nanodraht und einem n-dotierten Gatter. Funktionstests förderten keine Probleme zutage.

Die Herstellungskosten sinken durch das simple Prinzip beträchtlich, erklärt der Forscher: "Diese Strukturen sind sogar auf einer Miniaturskala einfach zu fabrizieren, was zu einem großen Durchbruch bei der potenziellen Kostensenkung führt". Bislang sind im Produktionsprozess komplexe und damit auch teure Prozesse nötig, um die Übergangs- oder Sperrschicht zwischen entgegengesetzt dotierten Siliziumschichten herzustellen. Beim p-Typ wird das Material verunreinigt, um eine Überzahl an Leerstellen im Strukturgitter zu erzeugen, beim n-Typ enthält das dotierte Silizium eine Überzahl an Elektronen. Die exakte Fabrikation des Übergangsbereichs bestimmt die Qualität und Charakteristika des Transistors, da diese Schicht den Stromfluss im Transistor steuert. Zudem stellt sie eine Haupthürde bei der weiteren Verkleinerung von Elektronik dar, schreiben die Forscher Fachblatt: "Sinkt der Abstand zwischen Übergängen in modernen Bauelementen auf unter zehn Nanometer, so werden außerordentlich hohe Dotierungs-Konzentrationsgradienten notwendig. Wegen der Diffusionsgesetze und der statistischen Natur der Verteilung der dotierenden Atome stellen diese Übergänge eine zunehmend schwierige Produktionsherausforderung für die Halbleiterindustrie dar". Die neuen Transistortypen hingegen hätten all diese Probleme nicht, trotzdem volle CMOS-Funktionalität und dabei extrem niedrigen Verluststrom und weniger Mobilitätsverlust durch Gatterspannung und Temperatur als klassische Transistoren.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Nanowire transistors without junctions", Jean-Pierre Colinge, Richard Murphy et al; Nature Nanotechnology, Online-Vorabveröffentlichung


 

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