Tief ins große Glas geschaut

Größere Gläser laden zu höherem Weinkonsum ein
Insbesondere Rotwein wird gerne in bauchigen, voluminösen Gläsern dargereicht.
Insbesondere Rotwein wird gerne in bauchigen, voluminösen Gläsern dargereicht.
© Shutterstock, Bild 134444600
Cambridge (Großbritannien) - Wein aus größeren Gläsern zu genießen animiert offenbar dazu, mehr zu trinken. Das haben britische Forscher in einem Restaurant mit angeschlossener Bar erprobt, indem sie die Glasgröße beim Weinausschank über Zeiträume von je 14 Tagen variierten. Die jeweils eingeschenkte Menge blieb dabei allerdings dieselbe. In den zwei Wochen, in denen Wein in einem größeren Glas serviert wurde, stieg die Menge des verkauften Weins um beinahe zehn Prozent an. Umgekehrt bestand der Effekt allerdings nicht, berichten sie im Fachblatt „BMC Public Health”, denn der Ausschank in kleineren Gläsern bewirkte nicht, dass weniger getrunken wurde. Womöglich verändert die Größe des Glases die Wahrnehmung, wie viel man trinkt. Was Gastronomen freudig nutzen könnten, um ihren Umsatz ein wenig zu steigern, dürfte den Gast vielleicht eher aufmerksam stimmen: Wer lieber etwas weniger trinken möchte, sollte sich besonders kritisch beobachten, falls sein Weinglas auffallend voluminös ausfällt.

„Die Größe von Weingläsern zu erhöhen, selbst wenn die Menge des Weins nicht erhöht wird, bringt Leute dazu, mehr zu trinken”, erläutert Erstautorin Rachel Pechey von der University of Cambridge. „Es ist nicht klar, warum das der Fall ist. Aber ein Grund könnte sein, dass größere Gläser unsere Wahrnehmung der Weinmenge verändern, was uns dazu bringt, schneller zu trinken und mehr zu bestellen. Aber es ist sehr interessant, dass wir den gegenteiligen Effekt nicht sehen, wenn wir auf kleinere Weingläser wechseln.” Dass die Art und Weise, wie Speisen und Getränke serviert werden, also etwa Größe und Form von Geschirr und Trinkgefäßen, den Verzehr beeinflussen kann, ist umfangreich durch Studien belegt. Bei alkoholischen Getränken war ein solcher Zusammenhang bisher aber nicht untersucht worden, erläutern die Forscher. „Es scheint plausibel zu erwarten”, schreiben sie, „dass Wein in größeren Portionen, Flaschen und Gläsern zu servieren, den Verzehr erhöht”.

Um dem auf den Grund zu gehen, untersuchten Pechey und ihre Kollegen den möglichen Effekt der Weinglasgröße auf die Menge des konsumierten Weins in einem Gastronomiebetrieb mit Restaurant- und Barbereich. Über einen Zeitraum von 16 Wochen wechselten sie in 14tägigen Intervallen die Größe der Weingläser. Der Wein wurde dann immer für jeweils zwei Wochen entweder in Gläsern mit dem Standardvolumen von 300 ml ausgeschenkt oder aber in größeren Gläsern mit 375 ml beziehungsweise in kleineren Gläsern mit 250 ml Fassungsvermögen. Die ausgeschenkten Mengen von 125 ml oder 175 ml blieben dabei gleich.

Im Schnitt war die Menge des täglich ausgeschenkten Weins in den Intervallen mit großen Gläsern um 9,4 Prozent größer als in jenen Wochen mit Standardgröße. Vor allem im Barbereich führte der Ausschank aus voluminöseren Gläsern zu einem deutlich erhöhten täglichen Weinkonsum: Er stieg in der Bar um 14,4 Prozent an, im Restaurant um 8,2 Prozent. In den Intervallen, in denen Wein aus kleineren Gläsern serviert wurde, fand sich kein vergleichbarer Effekt.

„Dies legt nahe: Die Verwendung größerer Weingläser zu vermeiden, kann die Menge verringern, die Leute trinken”, sagt Seniorautorin Theresa M. Marteau von der University of Cambridge. Da ein zu hoher Alkoholkonsum mit einer Reihe gesundheitlicher Probleme einhergehen kann, ist es wichtig, solche Einflussfaktoren zu kennen und sich der Wirkung derart simpler Dinge wie der Weinglasgröße bewusst zu sein. „Wir brauchen weitere Forschung, um diesen Effekt zu bestätigen”, so Marteau. Aber sollten sich die Ergebnisse weiter erhärten, müsse man darüber nachdenken, wie man handeln sollte. So könne es ihrer Meinung nach beispielsweise eine Bedingung für die Genehmigung zum Alkoholausschank geben, dass alle Weingläser unter einem bestimmten Volumen liegen müssen.

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