Taubennavigation: Mäßig abwechslungsreiche Landschaft unterstützt die Orientierung

Die Vögel finden ihre Route besonders gut, wenn die Landschaft unter ihnen weder zu einfach noch zu komplex ist
Tauben sind gute Navigatoren, die sich anhand unterschiedlicher Faktoren orientieren - auch an Charakteristika der Landschaft unter ihnen.
Tauben sind gute Navigatoren, die sich anhand unterschiedlicher Faktoren orientieren - auch an Charakteristika der Landschaft unter ihnen.
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Oxford (Großbritannien)/Uppsala (Schweden) - Um entlang einer bereits bekannten Route zu bleiben, orientieren sich Tauben an Landmarken. Optimalerweise sollten nicht zu wenige, aber auch nicht zu viele Orientierungspunkte vorhanden sein, damit sie sich die Strecke effektiv einprägen können. Forscher aus Großbritannien haben jetzt beobachtet: Am besten navigieren die Vögel, wenn die Landschaft weder zu einfach noch zu komplex ist. Wie sie im Fachblatt „Biology Letters“ berichten, stützen ihre Ergebnisse die Theorie, dass Tauben zu dichte visuelle Informationen weniger gut verarbeiten oder im Gedächtnis behalten können. Möglich sei aber auch, dass sie es weniger gerne tun.

„Wir haben in dieser Studie die Komplexität der Landschaft als ein entscheidendes Anzeichen dafür identifiziert, wie genau eine gewohnte Route eingehalten wird“, schreiben Richard P. Mann von der Oxford University und der Universität Uppsala und seine Kollegen. „Wir kommen zu dem Schluss, dass Tauben die Erinnerung an eine Route am exaktesten in Gegenden bilden, in denen die Komplexität der Landschaft weder zu groß noch zu gering ist.“ Es gibt eine Vielzahl von Studien, die sich mit der Navigationsfähigkeit von Tauben beschäftigt haben. Die Vögel haben ein erstaunliches Vermögen, den Weg nach Hause zu finden. Dazu setzen sie unterschiedliche Mechanismen ein – etwa den Geruch, für dessen Wahrnehmung ihr rechtes Nasenloch offenbar besonders empfindlich ist, sowie eine Art inneren Kompass. Aber sie nutzen auch die Umgebung und auffällige Orientierungspunkte, die sie bereits kennen. Wie genau sie dabei eine Route entwickeln und wie exakt sie sich an selbige halten, ist allerdings sehr unterschiedlich. Das scheint von Individuum zu Individuum unterschiedlich zu sein und auch von der Gegend, dem Taubenschlag und der Route selbst abzuhängen.

Die Forscher wollten mit ihrer Studie das Verständnis des Phänomens verbessern, wie Tauben anhand solcher optischer Hinweise navigieren. Dazu zeichneten sie mit Hilfe kleiner, an den Tauben angebrachter GPS-Geräte deren Flugrouten auf. Die so gewonnenen Daten gaben Aufschluss darüber, wie exakt sich die Vögel an erlernte Routen hielten. Dies wiederum glichen sie mit Informationen zur Komplexität der jeweiligen Landschaft ab – also ob sie eher freies Feld oder Wald mit wenigen markanten Ortsmarken überfliegen mussten oder etwa ein Stadtgebiet mit enorm vielen möglichen Orientierungspunkten. Sie stellten fest: Bis zu einem gewissen Punkt an Komplexität der überflogenen Gegend stieg die Fähigkeit der Tauben an, möglichst wenig von einer vertrauten Route abzuweichen. Jenseits des Optimums aber ließ das Orientierungsvermögen wieder nach. Die Forscher vermuten, dass sich mit Hilfe dieses Wissens auch vorhersagen ließe, welche Routen die Vögel am wahrscheinlichsten bevorzugen würden, wenn sie von einem neuen Ort zurück zu nach Hause in ihren Taubenschlag finden sollen. So könnte dabei etwa die Grenze zwischen städtischem und ländlichem Gebiet besonders starke Informationen für die Orientierung liefern, welche Tauben schon auf große Entfernungen wahrnehmen können.

Tauben sind übrigens auch in der Lage, von ihren Artgenossen zu lernen und damit von der Erfahrung anderer zu profitieren. Das hatten britische Forscher vor einem guten Jahr im Fachblatt „Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences“ berichtet. Fliegen Tauben eine für sie neue Route gemeinsam mit einem erfahreneren Artgenossen, dann prägen sie sich die Strecke ein und lernen sie sogar genauso effektiv, als wären sie allein unterwegs gewesen. Die weniger Ortskundigen greifen dabei sogar aktiv in die Navigation ein. Sie helfen so bei wiederholten Flügen im Duo, die Flugroute zu optimieren. Eine Einmischung ist umso wahrscheinlicher, je ineffizienter die ursprüngliche Strecke war, und es entsteht eine echte Win-Win-Situation.

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