Supervulkane: Welche Kräfte bringen sie zum Ausbruch?
Rätselten Vulkanforscher bislang über die Ursachen für einen Ausbruch eines Supervulkans, fanden Wim J. Malfait von der Technischen Hochschule in Zürich (ETHZ) und seine Kollegen nun eine plausible Erklärung: Allein der Auftrieb des flüssigen Gesteins in einer gigantischen Magmakammer reicht demnach aus, um einen kritischen Überdruck von 10 bis 40 Megapascal aufzubauen. „Dieser zusätzliche Druck ergibt sich durch die unterschiedlichen Dichten von festem Gestein und flüssigem Magma“, sagt Malfait. Der Vorgang sei vergleichbar mit einem luftgefüllten Fußball, der unter Wasser gehalten wird. Allein die Auftriebskräfte lassen ihn schlagartig aus dem Wasser springen. Übertragen auf eine Magmakammer, die sich wie der Supervulkan im amerikanischen Yellowstome-Park unter einem Gebiet von der Größe Luxemburgs erstrecken kann, könnten diese Auftriebskräfte gut eine etwa zehn Kilometer dicke Erdkruste durchbrechen.
Für dieses Ergebnis mussten Malfait und Kollegen nicht zu einem Supervulkan reisen und dort Bohrungen unternehmen. Es reichte aus, die Eigenschaften silikatreicher Mineralien im Synchrotronlabor im französischen Grenoble zu untersuchen. Eingespannt zwischen zwei Stempel aus extrem festen Wolframkarbid pressten sie das Gestein mit bis zu 36.000 Atmosphären Druck zusammen und heizten es auf 1.700 Grad Celsius auf. So simulierten sie die extremen Bedingungen in der Tiefe einer Magmakammer. Das Resultat: Die Dichte von flüssigem Magma ist gering genug, um in der Magmakammer durch Auftrieb einen Überdruck zu erzeugen, der für den Ausbruch eines Supervulkans ausreicht.
Gestützt wird diese Erkenntnis von britischen Geowissenschaftlern der University of Bristol. In der gleichen Ausgabe des Fachblatts „Nature Geoscience“ präsentieren sie eine Computersimulation von vulkanischen Prozessen im Untergrund. „Wir fanden heraus, dass Auftrieb von Magma den Schlüssel für Supereruptionen liefert, wogegen ein Magmazustrom in die Kammer eher für relativ kleine und häufigere Vulkanausbrüche verantwortlich ist“, erklären Luca Caricchi von der School of Earth Sciences und seine Kollegen.
Beide Studien zeichnen ein bisher unbekanntes Bild von den geologischen Prozessen bei Ausbrüchen von Supervulkanen. Vollständig geklärt sind sie damit aber noch nicht. So könnte der Überdruck einer Supervulkan-Magmakammer teilweise durch kleinere Vulkanausbrüche abgebaut werden. Zudem besteht die Möglichkeit, dass flüssiges Magma über Hunderttausende von Jahren zu festem Gestein kristallisiert und dadurch das Ausbruchrisiko mindert.
Damit gestaltet sich eine Vorhersage von Vulkanausbrüchen weiterhin sehr schwierig. Die größte Gefahr geht nach Meinung vieler Wissenschaftler heute vom Yellowstone-Supervulkan aus, der zuletzt vor 640.000 Jahren ausgebrochen war. Manche halten eine Supereruption sogar für bald fällig. Anlass für Panik liefert diese Zeitangabe jedoch nicht, denn im Blick auf die Jahrmillionen der Erdgeschichte bedeutet „bald“ unter Geologen innerhalb einiger tausend Jahre.