Stotter-Gene entdeckt

Mutationen in einem von drei Genen könnten die Sprachstörung bei einem Teil der Stotterer erklären
Bethesda (USA) - Zumindest in manchen Fällen könnte Stottern auf ein defektes Gen zurückzuführen sein. In vergleichenden Erbgutanalysen bei Betroffenen und Kontrollpersonen haben amerikanische Forscher drei Gene nachgewiesen, die als Krankheitsursache in Frage kommen. Die Gene steuern die Produktion von Enzymen, die am Abbau und Recycling von Zellbestandteilen beteiligt sind. Eine Störung dieser Stoffwechselprozesse in bestimmten Hirnzellen könnten die Sprachprobleme verursachen, schreiben die Wissenschaftler im "New England Journal of Medicine".

"Das ist die erste Studie, die spezielle Genmutationen als mögliche Ursache des Stotterns identifiziert und damit möglicherweise völlig neue Behandlungsmöglichkeiten eröffnet", kommentiert James Battey, Direktor des National Institute on Deafness and Other Communication Disorders in Bethesda. Die Arbeitsgruppe von Dennis Drayna am gleichen Institut hat drei Gene lokalisiert, in denen bei einigen Stotterern - nicht aber bei gesunden Personen - Mutationen vorlagen. Zwei dieser Genmutationen sind, wenn sie sowohl das mütterliche als auch das väterliche Gen betreffen, als Ursache von lysosomalen Speicherkrankheiten, der Mukolipose I und II, bekannt. Bei dieser Erbkrankheit ist ein Enzym defekt, das für den normalen Abbau von Proteinen, Nukleinsäuren oder Fetten in den Lysosomen der Zellen nötig ist. Infolgedessen reichern sich unvollständig abgebaute Makromoleküle in Zellen und Geweben an und verursachen unterschiedliche Beschwerden.

Dass Stotterer mit einem solchen Gendefekt nicht auch unter einer Mukolipose leiden, könnte daran liegen, dass bei den untersuchten Probanden nur eines der beiden Gene des Erbguts mutiert war, sagt Drayna. Die Forscher schätzen, dass bei neun Prozent der Stotterer die Ursache ihrer Sprachstörung auf einer Mutation in einem der drei Gene beruhen könnte. Ist das mutierte Gen bekannt, bestünde die Möglichkeit einer Enzymersatztherapie, bei der ein gentechnisch hergestelltes Enzym injiziert wird, um das funktionsuntüchtige Enzym zu ersetzen. Bei den meisten stotternden Kindern verliert sich die Störung mit dem Älterwerden. Weltweit sind etwa ein Prozent der Erwachsenen Stotterer.

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Quelle: "Mutations in the Lysosomal Enzyme–Targeting Pathway and Persistent Stuttering", Changsoo Kang et al.; New England Journal of Medicine, Online-Publikation, doi: 10.1056/NEJMoa0902630, http://content.nejm.org/cgi/content/full/NEJMoa0902630


 

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