Sprachliche Grenzwanderer: Fajerwerk zum Abszyt

Unsere direkten Nachbarn im Nordosten, die Polen, haben mehrere tausend Wörter aus dem Deutschen übernommen. Jetzt gibt es ein Online-Wörterbuch, das diese Lehnwörter verzeichnet und erklärt
Oldenburg - Platfus, dach, fajerwerk – das sind nur einige der Wörter, die das Polnische aus dem Deutschen übernommen hat. Jetzt haben deutsche Forscher das Wörterbuch dieser deutschen Lehnwörter online gestellt, nachdem sie 30 Jahre an der Geschichte dieser Wörter gearbeitet haben. Das Wörterbuch ist für alle Interessierten kostenlos zugänglich unter: [www.bis.uni-oldenburg.de/bis-verlag/wdlp/]. Die einzelnen Wörterbucheinträge sind als pdf abgespeichert und können von den Benutzern einzeln heruntergeladen werden.

Im Lauf der Jahrhunderte wurden zahlreiche Wörter aus dem Deutschen in die polnische Schrift- und Standardsprache entlehnt. Mehr als 2400 Wörter davon, die vom ersten Auftreten deutscher Lehnwörter im polnischen Schrifttum Mitte des 13. Jahrhunderts bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts entlehnt wurden, beinhaltet das "Wörterbuch der deutschen Lehnwörter in der polnischen Schrift- und Standardsprache" (WDLP), das jetzt an der Universität Oldenburg erschienen ist.

Vor fast 30 Jahren, 1981, hatte der Göttinger Slavist Andrzej de Vincenz die Arbeit an dem WDLP begonnen, das nun von Forschern der jüngeren Generation um Gerd Hentschel an der Universität Oldenburg vollendet wurde. Die Lehnwörter haben die Sprachwissenschaftler den großen Wörterbüchern der polnischen Standardsprache wie etwa dem Wörterbuch von Doroszewski oder von Lehr-Spławiński entnommen. Wörterbücher zu einzelnen polnischen Dialekten blieben unberücksichtigt, so dass die Zahl von etwa 2400 Lehnwörtern sich allein auf jene Wort-Vorkommnisse bezieht, die in der Standardsprache zu finden sind. Allerdings berücksichtigten die Forscher auch Lehnwörter, die im modernen Polnisch nicht mehr gebräuchlich sind, wie etwa "haptacht" für den Befehl "Habt Acht!" in der Armee.

Eine der Hauptschwierigkeiten bei der Erstellung des Wörterbuchs besteht darin, die Lehnwörter überhaupt zu erkennen. Das ist meist umso leichter, je jünger die Wörter sind. Das Verb "meldować" etwa, das erst ab dem Ende des 18. Jahrhunderts im Polnischen nachweisbar ist, lässt sich unschwer als das deutsche "melden" erkennen. Dass aber "hamulec", was 'Bremse' bedeutet, ein Lehnwort aus dem Deutschen sein soll, erschließt sich erst bei sehr genauem Hinsehen. "Hamulec", das ab dem Ende des 16. Jahrhunderts im Polnischen auftaucht, kommt aus dem ostniederdeutschen "Hemmholt". Aus "Hemmholt" wurde dann zunächst hochdeutsch "Hemmholz" - also eine primitive Bremsvorrichtung - und dann im Polnischen zu "hamulec".

Wegen der häufig bewegten Geschichte der Entlehnung eines Wortes sind manche Worteinträge mehrere Seiten lang. Es werden deutsche Erläuterungen zu den Wörtern gegeben, aber auch zahlreiche Beispiele aus Texten, in denen das Wort vorkam oder vorkommt, zitiert. In erster Linie richtet sich das Wörterbuch natürlich an Forscher. Daher ist für interessierte Laien, die das Wörterbuch benutzen wollen, eine gewisse Einarbeitung in die Art, wie die Einträge zu lesen sind, erforderlich.

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Quelle: Wörterbuch der deutschen Lehnwörter in der polnischen Schrift- und Standardsprache (WDLP): http://www.bis.uni-oldenburg.de/bis-verlag/wdlp/


 

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